Finma zur Credit Suisse
Seit Anfang 2021 ist die Geschäfts­leitung der Credit Suisse praktisch vollständig ausgewechselt worden. Zudem ist eine wichtige Position vakant. Das beschäftigt auch die Finma.
18. August 2022 • Beat Schmid

In der Geschäftsleitung der Credit Suisse herrscht ein Kommen und Gehen wie in einem Taubenschlag. Wenn man die Veränderungen in den letzten paar Jahre betrachtet, verliert man schnell den Überblick. Die Bank hat mit Ulrich Körner nun schon den dritten CEO in weniger als drei Jahren. Ebenso ist Axel Lehmann der dritte Verwaltungsratspräsident in weniger als drei Jahren. Vor einem Jahr sass er noch nicht einmal im Verwaltungsrat der Bank.

Auf Stufe Geschäftsleitung sind der Finanz­chef und der Schweiz-Chef noch der gleiche. Allerdings hat CFO David Mathers seinen Abschied Ende April bereits angekündigt. Er bleibt nur noch so lange, bis eine Nachfolge gefunden ist. Obschon Mathers Abschied vor bald vier Monaten offiziell wurde, konnte die Bank bis heute keine Nachfolgerin, keinen Nachfolger präsentieren.

Weiterhin als Geschäftsleitungsmitglied wird Christian Meissner geführt – obschon er dies de-facto nicht mehr ist, da ihm zwei neue Co-Chefs zur Seite gestellt wurden, die ihm praktisch alle Dossiers der Investmentbank entzogen haben. Meissner wird sich “auf die laufende strategische Transformation des Geschäfts konzentrieren”, wie die CS Ende Juli mitteilte.

Ständige Führungswechsel zerstören Vertrauen

André Helfenstein, der im Jahr 2020 zum Schweiz-Chef ernannt und in die Konzernleitung aufgenommen wurde, wirkt im Vergleich zum Rest der Geschäftsleitung schon fast wie ein Fossil. Meist kaum mehr als ein Jahr im Amt sind die Rechts-, Risk- und Compliance-Chefs, der Asien-Chef, der Wealth-Management-Chef, die HR-Chefin und die Tech-Chefin.

Und ja, seit Ende Juli ist Ulrich Körner CEO der Grossbank. Er erscheint im Organigramm doppelt, da er weiterhin CEO des Asset-Managements bleibt, bis eine Nachfolge für ihn gefunden wurde. Das Asset-Management ist neben dem Schweizer Klein- und Firmen­kunden­geschäft, der Investment­bank und dem Privat­banking die kleinste Geschäfts­einheit.

Die ständigen Wechsel sind nicht ohne Folgen. Schnelle, mitunter chaotisch wirkende Veränderungen auf höchsten Führungsstufen können Vertrauen zerstören, bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, bei den Kunden und den Aktionären. Man kann sich fragen, ob die ständigen Wechsel an der Spitze Ursache und nicht Folge der Dauerkrise der CS sind, auch der Talfahrt der CS-Titel an der Börse. Im Februar 2021 lag der Kurs bei über 13 Franken, gestern schloss die CS bei 5.21 Franken.

Finma: Geeignete Nachfolger sind wichtiger

Auch kann man sich Fragen, was die Finanzmarkt­aufsicht (Finma) in dieser Sache unternimmt. Dass sie bei einer system­relevanten Bank ein derartiges Führungs­chaos zulässt, verwundert.

Auf Anfrage sagt ein Sprecher der Behörde: “Schlüsselpositionen sind grundsätzlich so bald wie möglich zu besetzen.” Wichtiger als die Beachtung von konkreten zeitlichen Vorgaben sei jedoch, dass “geeignete Nachfolger” gefunden werden. Zudem müsse eine Bank ganz generell so aufgestellt sein, dass sie den Ausfall einer Person “vorübergehend” kompensieren könne, sagt der Sprecher.

Viel bewirken kann die Finma nicht. Ihr bleibe wohl gar nichts anderes übrig, als zuzuschauen, sagt ein Kader­mann, der anonym bleiben möchte.

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