Juristisches Nachspiel
Auf eine Klage der Credit Suisse hat die Bundesanwaltschaft ein Verfahren gegen die Recherche-Plattform OCCRP eingeleitet. Dazu mussten die Strafermittler das Plazet des Bundesrats einholen.
2. Februar 2023 • Beat Schmid
Die Autoren des “Suisse Secrets”-Leaks kommen ins Visier der Schweizer Strafjustiz. Auf Klage der Credit Suisse hat die Bundesanwaltschaft (BA) eine Untersuchung wegen wirtschaftlichen Nachrichtendienstes, Verletzung des Geschäftsgeheimnisses und Verletzung des Bankgeheimnisses eingeleitet, wie die Westschweizer Justizplattform Gotham City berichtet.
Weil wirtschaftlicher Nachrichtendienst als “politische Straftat” eingestuft wird, musste die Staatsanwaltschaft die Zustimmung des Bundesrats einholen, um dieses Verfahren starten zu können. Ein anonymer Whistleblower spielte Konten-Unterlagen von weltweit mehr als 30'000 Kunden der Credit Suisse dem internationalen Journalistennetzwerk Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP) zu. Im Rahmen der Recherche, an der 160 Journalisten beteiligt gewesen sein sollen, wurden 18'000 Konten im Gesamtwert von über 100 Milliarden Dollar ausgewertet. Die Daten sollen von Journalisten der “Süddeutsche Zeitung” dem Netzwerk zugespielt worden sein. Die Recherchen, die einen internationalen Wirbel auslösten, wurden vor einem Jahr publik.
Die Bundesanwaltschaft bestätigte gegenüber Gotham City die Existenz einer Untersuchung wegen Wirtschaftsspionage, um die Quelle der an die Presse weitergegebenen Informationen zu ermitteln. Sie erklärte, dass die gerichtliche Verfolgung politischer Straftaten eine Ermächtigung des Bundesrates erfordere.
Das Justizdepartement gab grünes Licht
Da es sich bei der Straftat des wirtschaftlichen Nachrichtendienstes im Sinne von Art. 273 StGB um eine politische Straftat handelt, ersuchte die Bundesanwaltschaft das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD), über die Erteilung oder Verweigerung der Ermächtigung zur Strafverfolgung zu entscheiden. Das EJPD erteilte der Bundesanwaltschaft die Ermächtigung. Ausgelöst durch eine Anzeige der Credit Suisse geht es bei den Ermittlungen auch um den Verdacht der Verletzung des Geschäftsgeheimnisses und der Verletzung des Bankgeheimnisses. Die Schweizer Medien hatten sich aus Angst vor einer Klage nicht an der Aktion beteiligt. “Das rechtliche Risiko war einfach zu gross”, erklärte die Tamedia-Gruppe damals und verwies auf den 2015 verschärften Artikel 47 des Bankengesetzes, der die Verwendung gestohlener Daten unter Strafe stellt. Es folgte eine Debatte, ob Anpassungen der Gesetzgebung nötig werden.Schwere Vorwürfe gegen die Credit Suisse
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