Künstliche Intelligenz
Der Zugang zur App ist bei den grossen Schweizer Banken “restricted”. Man wisse nicht, was die Software mit den Daten mache, lautet eine Begründung.
1. März 2023 • Beat Schmid

Wie haben es die Schweizer Banken mit der populären KI-Software ChatGPT? Tippinpoint hat die vier grössten Banken der Schweiz zum Einsatz der Plattform befragt. Generell gilt: UBS, Credit Suisse, ZKB und Raiffeisen lassen sich nur ungern in die Karten blicken.

Die Raiffeisen-Bankengruppe sagt, dass “zum jetzigen Zeitpunkt kein systematischer Einsatz” von ChatGPT erfolge. Aktuell gebe es auch keine Empfehlung von Raiffeisen Schweiz an die Raiffeisenbanken in Bezug auf die Nutzung von ChatGPT, sagte ein Sprecher von der Zentrale St. Gallen.

Kein Zugriff vom Bank-PC auf das Programm

UBS und CS wollten zum Einsatz von ChatGPT keinen Kommentar abgeben. Recherchen haben allerdings ergeben, dass die App bei beiden Banken “restricted” ist. Das bedeutet, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von keinem im Bank-Netzwerk angeschlossenen Computer auf die Website von ChatGPT zugreifen können.

Die ZKB will nicht sagen, ob der Einsatz des KI-Werkzeugs bankintern verboten ist. Die Bank gebe generell keine Auskunft darüber, welche “Apps und Webseiten in der Bank gesperrt sind”, sagt ein Sprecher. Man verfolge die Entwicklung von ChatGPT aufmerksam, setze “aber das Tool nicht ein”, heisst es.

Raiffeisen sagt, dass die aktuell anwendbaren rechtlichen Anforderungen auch für den Einsatz von ChatGPT gelten. Generell würde die Regulierung Künstlicher Intelligenz noch weitgehend am Anfang stehen, sagt ein Sprecher.

Als dem Aufsichtsrecht unterworfenes Institut verfolge Raiffeisen die entsprechenden Entwicklungen hingegen “interessiert”. Die ZKB ergänzt, sie wolle sich beim Einsatz innovativer Technologien an die gesetzlichen und regulatorischen Vorgaben halten.

Keine Kontrolle in der Cloud

Die Finanzmarktaufsicht macht keine konkreten Vorgaben, welche Tools die Banken verwenden dürfen und welche nicht. Der Regulator ist hingegen äusserst pingelig, wenn es um die Sicherheit von Kundendaten geht. Sogenannte Kundenidentifikationsdaten beispielsweise müssen in der Schweiz gespeichert und geschützt sein. Wenn überhaupt, dürfen die Daten das Land nur verschlüsselt verlassen.

Obwohl ChatGPT gemäss eigenen Angaben keine persönlichen Daten speichert, würde es wohl ein Bruch mit den Finma-Bestimmungen darstellen, wenn ein Banker ein Kundenschreiben von einer KI-Software ausformulieren liesse.

Aus diesem Grund befindet sich beispielsweise auch der Übersetzungsdienst DeepL auf dem Index vieler Bankinstitute. Auch bei dieser beliebten Plattform übergibt man die Texte der Cloud und hat keine Kontrolle mehr über sie. Heikel ist der Einsatz auch deshalb, weil sich die Server der meisten KI-Dienste ausserhalb der Schweizer Grenzen befinden.

Aber im Marketing und im Research?

Noch keinen Überblick über den Einsatz von KI-Werkzeugen hat die Bankiervereinigung. Man habe noch keine Umfrage bei den Mitgliedern über den Einsatz von ChatGPT und anderen KI-Plattform gemacht, lässt eine Sprecherin des Verbands ausrichten.

Doch was spricht gegen einen Einsatz von ChatGPT im Marketing oder den Research-Abteilungen einer Bank, die keinen Zugriff auf Kundendaten haben? Wohl nicht viel. Auch in den riesigen IT-Abteilungen dürfte ein Einsatz unkritisch sein. Gerade beim Umcodieren von einer Programmiersprache in eine andere, verspricht KI grosse Effizienzgewinne.

Die Möglichkeiten von künstlicher Intelligenz scheint man bei den Banken durchaus zu sehen. ChatGPT habe “grundsätzlich das Potenzial”, Arbeiten wie etwa Recherchen zu vereinfachen, sagt der Sprecher von Raiffeisen. Bei der ZKB heisst es vorsichtig: Machine Learning und künstliche Intelligenz komme “wo sinnvoll und möglich” bereits zur Anwendung.

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