Was bedeutet es, wenn es in der Schweiz nur noch eine Grossbank gibt? Was bedeutet das für die vielen exportorientierten Schweizer Industrieunternehmen, die es gewohnt waren, mal mit der Credit Suisse, mal mit der UBS Geschäfte zu machen? Das wird in Zukunft nicht mehr möglich sein, weil es nur noch eine Grossbank gibt. Für viele Industrielle könnte die Konzentration zum Problem werden – schlechterer Service, schlechtere Konditionen.
Doch wenn man den Präsidenten des mächtigen Industrieverbandes Swissmem hört, scheint das Verschwinden der Credit Suisse kein ernsthaftes Problem zu sein. Zwar sei es für den Werkplatz Schweiz ein Vorteil gewesen, zwei international tätige Grossbanken vor Ort zu haben, sagt Martin Hirzel. «Dieser Wettbewerb hat zu unseren Gunsten funktioniert», sagte er im Doppelinterview mit UBS-Chef Sergio Ermotti in der NZZ.
Bis heute habe sich aber nicht viel verändert, sagt Hirzel, der bis 2019 den Winterthurer Industriekonzern Autoneum leitete. «Stimmungsmässig» habe das Verschwinden der Credit Suisse aber zu einer «Verunsicherung» bei den Schweizer Industrieunternehmen geführt. «Wir sind jetzt einer Grossbank de facto stärker ausgeliefert, und Abhängigkeiten mögen wir grundsätzlich nicht.»
Hirzels verpasste Chance
UBS-Chef Sergio Ermotti geht im Doppelinterview nicht auf die Befürchtungen des Swissmem-Präsidenten ein. Die Kombination der beiden Banken erlaube es der UBS, «noch bessere Dienstleistungen» anzubieten, sagte er. «Wir nehmen das Beste von beiden, werden also auch unser Engagement in der Handelsfinanzierung intensivieren. Das ist ein Win-win; eins plus eins kann auch mehr als zwei ergeben.»
Was dieses «eins plus eins» aber genau bedeutet, liess Ermotti offen. Die NZZ merkte an, es könne auch «anderthalb» sein, wenn man etwa bei den Kreditlinien nicht das doppelte Risiko eingehen wolle. Industrievertreter Hirzel verpasste es, von Sergio Ermotti eine verbindliche Aussage zu diesem umstrittenen und heiklen Punkt zu verlangen.
Stattdessen sagte Hirzel fast naiv, er sei «sehr dankbar für das Versprechen von Sergio Ermotti» gegenüber dem Werkplatz Schweiz und den KMU. Den Beweis dafür könne die Bank erbringen, wenn es dem Werkplatz nächstes Jahr «voraussichtlich schlechter gehen wird». Leider seien die Auftragseingänge in der Schweizer Tech-Industrie stark rückläufig und es sei wahrscheinlich, dass einige Firmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten würden.
Ermotti entgegnete gönnerhaft: «Klar, die Wirtschaftslage ist zentral und die Unternehmen müssen fit bleiben. Aber wenn eine zukunftsträchtige Firma in eine schwierige Situation gerät, wollen wir im Rahmen des Möglichen sicher helfen.» Unter welchen Bedingungen und zu welchen Konditionen die Bank den Unternehmen dann unter die Arme greifen wird, darüber schwieg sich Ermotti freilich aus.