Der frühere Chef der riesigen Compliance- und Risikokontrollabteilung hat gute Karten, Noel Quinn an der Spitze des britisch-asiatischen Bankenriesen abzulösen.
2. Mai 2024 • Beat Schmid

Er machte Karriere als Stabsoffizier in der britischen Armee und diente im Irak-Krieg. Nun könnte Collin Bell (56) den Spitzenjob bei der HSBC bekommen. Seit 2021 sitzt Bell in der Konzernleitung der Grossbank und ist Chief Executive der HSBC Bank und der HSBC Europe.

In dieser Funktion ist er verantwortlich für das Europageschäft mit einem Vermögen von über 681 Milliarden Pfund, 1,2 Millionen Kunden in den Bereichen Retail & Wealth, Investment, Corporate, Private und Transaction Banking und über 16’000 Mitarbeitenden in 21 Märkten, schreibt er auf seinem Linkedin-Profil.

Bell gilt als erfolgreicher Restrukturierer des Europageschäfts der HSBC. Es zählte in der Vergangenheit zu den grössten Sorgenkindern des Bankkonzerns. Nach umfangreichen Veräusserungen und Kostensenkungen stiegen unter seiner Führung die Erträge und Renditen.

Bell kam 2016 zu HSBC, wo er zunächst die Abteilung für Finanzkriminalität leitete, bevor er zum Group Chief Compliance Officer ernannt wurde. Das Bankgeschäft lernte Bell bei der UBS kennen. Zwischen 2010 und 2016 war er bei der Grossbank tätig, zuletzt als Global Head Compliance and Operational Risk Control. Nach 16 Jahren in der britischen Armee trat er 2007 ursprünglich in die UBS Investment Bank ein. Nach einem kurzen Intermezzo bei Barclays Wealth kehrte er zur UBS zurück.

Bell baute Compliance bei der UBS stark aus

Unter Bell wurde der Compliance-Bereich der UBS massiv ausgebaut. Nach den Steuerhinterziehungsskandalen und der Staatsrettung 2008 stockte die Grossbank den Bereich auf 1500 Mitarbeitende auf. Der Bereich überwacht vor allem das Verhalten der eigenen Mitarbeitenden und kümmert sich um die Bekämpfung von Finanzkriminalität.

Europas grösste Bankengruppe muss bereits den dritten CEO innerhalb von acht Jahren suchen. Der 62-jährige Noel Quinn hat Anfang Woche überraschend seinen Rückzug angekündigt. Am Dienstag liess die Bank verlauten, sowohl interne als auch externe Kandidaten in Betracht zu ziehen.

In der Regel gibt die Bank internen Kandidaten den Vorzug. Eine lange Betriebszugehörigkeit galt lange als Voraussetzung, um die unzähligen Stakeholder, Investoren sowie die unterschiedlichen regulatorischen Feinheiten zwischen Asien und Europa zu verstehen.

Ein weiterer interner Kandidat ist CFO Georges Elhedery. Der im Libanon geborene Banker wurde im Oktober 2022 überraschend zum Nachfolger von Ewen Stevenson als CFO ernannt. Auch Gred Guyett, CEO von Global Banking and Markets, und Nuno Matos, der das Wealth-Management-Geschäft der Bank leitet, können sich Chancen ausrechnen.

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