Diese Woche gab die Neuenburger Kantonalbank (BCN) bekannt, dass sie ab Mitte des laufenden Jahres keine Kunden mehr betreut, die mit Krypto-Handelsgeschäften in Berührung stehen. Der Kanton Neuenburg ist für die Romandie das, was Zug für die Restschweiz ist – das Crypto-Valley. Mit rund 70 Blockchain-Unternehmen gilt Neuenburg als attraktiver Standort für die Branche.
Und in den Short Cuts diese Woche:
• 50’000 Bitcons beschlagnahmt
• Zug in Höchstform – aber es ist nicht, was wir denken
Im Jahr 2013 nahm der Krypto-Dienstleister Bity seine Tätigkeit in Neuchâtel auf. Etwas mehr als ein Jahr später entschliesst sich die BCN nach langem Zögern, die Börse als Kunden aufzunehmen und ihr den Anschluss ans Fiat-System zu gewährleisten. Kunden von Anbietern wie Bity konnten ihre Kryptowährungen so direkt in Franken umtauschen. Und nun die Kehrtwende – die Kantonalbank möchte nicht mehr als Schnittstelle für solche Geschäfte dienen. Aufgrund neuer Risikoanalysen sei die BCN zum Schluss gekommen, sie müsse die Herkunft der Gelder zur effektiven Vorbeugung von Geldwäsche ebenfalls überprüfen, sagt ein Vertreter der Bank gegenüber dem «Crypto Valley Journal». Dies würde einen erheblichen Mehraufwand für die Bank bedeuten, dafür seien aktuell die Mittel zu knapp.
Überfordert durch schnelle Entwicklung
Gegenüber tippinpoint.ch sagt Pierre-Alain Leuenberger, Generaldirektor der BCN: «Der Bereich unterliegt einer bedeutenden und schnellen Entwicklung, und wir sind der Ansicht, dass wir nicht mehr in der Lage sind, unsere Anforderungen auf die Finanzströme anzuwenden, die insbesondere von Krypto-Brokern abgewickelt werden». Es gebe aber nur wenige Unternehmen, die unmittelbar und direkt betroffen seien.
Der Entscheid gegen Krypto-Dienstleister durch die BCN erscheint auf den ersten Blick wie ein Richtungswechsel im Segment der Kantonalbanken. In der Deutschschweiz offerieren die Zuger und die St. Galler Kantonalbank seit vergangenem Jahr den Handel und die Verwahrung mit Kryptowährungen. In den kommenden Monaten wird sich ihnen die Luzerner Kantonalbank anschliessen.
Bares ist gefährlich
«Das sind zwei paar Schuhe. Die Kantonalbanken in Luzern, Zug und St. Gallen ermöglichen ihren Privatkunden mit Kryptowährungen zu handeln und diese zu verwahren. Die Kundenidentifikation und das Prüfen der Herkunft der Gelder gehört quasi zum Kerngeschäft dieser Banken», sagt Pascal Egloff, Dozent und Zentrumsleiter Banking & Finance an der Ostschweizer Fachhochschule. Für den Handel und die Verwahrung der Kryptowährungen arbeiteten diese Kantonalbanken mit Technologieprovidern – etwa Krypto-Banken – zusammen. Diese würden sicherstellen, dass nur saubere Coins für die Kunden erworben werden.
Im Gegensatz zu Bargeld, das nach einer Einzahlung und erfolgreicher Prüfung durch eine Bank «sauber» ist, sind Coins und Tokens, die irgendwann einmal für illegale Zahlungen wie Erpressung, Terrorismusfinanzierung etc. verwendet worden sind oder von einer sanktionierten Person stammen, für immer «tainted». Dies ist im Moment der Prüfung manchmal nicht ersichtlich, sondern wird erst später bekannt – die Blockchain zeichnet alle Transaktionen auf, die Identität der Teilnehmer oder der Zweck der Transaktion wird aber oft erst später bekannt. Das heisst, die Spuren des verwerflichen Verwendungszwecks werden die Coins nie mehr los – sie sind «verseucht». Zur Erkennung solcher tainted Coins kommen spezielle Softwares und Datenbanken zum Einsatz.
Risiko von Geldwäscherei
Die Neuenburger Kantonalbank bricht die Firmenbeziehungen zu Krypto-Brokern ab, die selbst Kundengelder verwalten. «Die Bank musste darauf vertrauen, dass der Dienstleister die Geldwäscherei- und KYC-Vorschriften (Know your Customer, Kundenidentifikation) sorgfältig durchführt», was vergleichsweise aufwändig und teuer ist, so Egloff. Vielleicht sei das BCN-Management in einer Kosten-Nutzen-Analyse zum Schluss gekommen, dass das Risiko im Vergleich zum bescheidenen Ertrag zu gross sei.
Er habe auch von Banken gehört, dass sie von US-Korrespondenzbanken, die den Dollarverkehr für das Schweizer Institut abwickeln, unter Druck gesetzt wurden, sagt Egloff. Gerade amerikanische Banken können in dieser Beziehung besonders risikoscheu sein. Eine zunehmende Vorsicht der Korrespondenzbanken ist aber nicht nur im Themenfeld «Krypto» beobachtbar. Die strengeren globalen Geldwäschereivorschriften veranlassten die Korrespondenzbanken auch in anderen Compliance-relevanten Themen ihre Partnerinstitute und deren Kunden enger zu überwachen.
Ein ehemaliger Schweizer Bankangestellter führt an, das Schweizer Institute Krypto-Dienstleister als «Bargeld intensiv» sehen. Das solche Kunden von zahlreichen Banken nicht gern gesehen werden, sei nichts Neues. Das gelte seit langem etwa für Unternehmen aus dem Autohandel, der Erotik-Branche oder Nail-Studios.
Die Zuger KB macht weiter
Die Zuger Kantonalbank hat als «Hausbank des Crypto Valleys» ein etwas anderes Vorgehen gewählt. «Wie bei jedem Firmenkundenantrag entscheiden wir auch bei Unternehmen aus der Krypto-Branche erst nach einer sorgfältigen Prüfung und unter Berücksichtigung von Risiko-und Reputationsaspekten, der rechtlichen Vorgaben sowie des für die Bank anfallenden Aufwands, ob und unter welchen Bedingungen eine Geschäftsbeziehung eingegangen wird», sagt Tobias Fries, Sprecher der Zuger KB. Im Firmenkundengeschäft konzentriere sich das Institut hauptsächlich auf den Wirtschaftsraum Zug und die angrenzenden Gebiete.
Als regulierte Bank nach schweizerischem Recht unterliege auch die Sygnum Bank, die Partnerin der Zuger KB, allen institutionellen Sicherheitsstandards und gesetzlichen beziehungsweise regulatorischen Vorschriften. Die Zuger KB werde den Markt und die Kundenbedürfnisse im Bereich digitaler Vermögenswerte weiterhin genau verfolgen. «Ein Ausbau der Dienstleistungen ist möglich. Eine positive Entwicklung des bisherigen Angebots vorausgesetzt, werden wir zunächst das Universum der handelbaren Vermögenswerte erweitern. Die Ein-/Auslieferung von Kryptowährungen, Tokenisierung und Staking sind mögliche Optionen, die wir in einem weiteren Schritt prüfen werden», führt Fries aus.
Genug Ausweichmöglichkeiten
«Das Modell, das diese Deutschschweizer Kantonalbanken aufgebaut haben, ist grundlegend anders als unseres», sagt der Generaldirektor der BCN. Das Privatkundenangebot könnte in Zukunft auch Teil der Dienstleistungen von BCN sein, allerdings führe die Kantonalbank derzeit noch kein Projekt durch. «Wir sind nach wie vor der Meinung, dass die Blockchain-Technologie ein enormes Potenzial hat, und wir glauben, dass die Regulierung in Zukunft mehr Klarheit und Sicherheit bringen wird», erklärt Pierre-Alain Leuenberger.
Die Stornierung der Kundenbeziehung durch die Neuenburger Kantonalbank bedeutet für die betroffenen Krypto-Unternehmen aber kein Todesurteil. Es gibt keinen gesetzlichen Grund für die Beendigung der Geschäftsbeziehungen. Die Dienstleister können sich an andere Banken wenden. Institute wie die Bank Frick in Liechtenstein, Maerki Baumann oder die Hypi Lenzburg haben sich auf solche Kunden spezialisiert. Der höhere Aufwand lässt sich aber auch in ebensolchen Gebühren ablesen.
Neue Kunden fürs Private Banking
Es gebe unterschiedliche Strategien, sagt Andreas Dietrich, Finanzprofessor an der Hochschule Luzern. «Aus Retailbanken-Sicht ist es sinnvoll, dass – wenn man ein solches Angebot hat – die Kundschaft sowohl handeln (execution only) als auch die Verwahrung der Bank überlassen kann». Im Wealth Management könne man durch generelle Krypto-Dienstleistungen auch neue Kunden gewinnen, die danach auch das klassische Private Banking nutzen würden, wie der Fall der kleinen Privatbank Maerki Baumann gut aufzeige, erläutert Dietrich.
Es scheint so, dass das Management von Banken die Krypto-Dienstleistungen anbieten, vom neuen Geschäftsfeld teilweise kaum überzeugt ist. «Wir empfehlen keine Anlagen in Kryptowährungen und bieten auch keine Beratung dazu an. Unser Angebot richtet sich einzig an eine kleine, ausgewählte Kundengruppe – Vermögensverwalter und Schweizer Private Banking Kunden – die auf eigenen Wunsch in Kryptowährungen anlegen und diese Anlagen über uns tätigen möchten», sagt Jolanda Meyer, Sprechering der St. Galler Kantonalbank. Der Vorteil für die Kundschaft sei, dass so die Kryptowährungen auf dem Depot-, Vermögens- und Steuerauszug der SGKB abgebildet sei. Es gehe also nur um Kaufen-Halten-Verkaufen und nicht um Trading. Die St. Galler Kantonalbank nehme keine Einlieferungen von Kryptowährungen entgegen und plane aktuell keinen Ausbau des Krypto-Angebots.
Es rechnet sich
Die Schweizer Banken beschränken sich im Kryptobereich vorerst vor allem auf das Privatkundengeschäft. Die Geschäftsabschlüsse von Swissquote zeigen gemäss Dietrich, dass Kryptos ein interessanter Business Case sein können. Die Revenues könnten zwar schwanken (siehe Grafik), aber insgesamt könne das Geschäftsfeld aus Bankensicht attraktiv sein und man verdient damit Geld. «Natürlich ist das aber auch abhängig von den Skaleneffekten und vom Pricing», fügt der Finanzprofessor an.
Kryptoanlagen sind gemäss Dietrich gerade für jüngere Personen relevant. Je nach Umfrage besitzen heute in der Schweiz 6 Prozent (Schweizerische Nationalbank) oder 17 Prozent (e.foresight) der Bevölkerung Kryptowährungen. «Wenn also jeder zehnte Schweizer Kryptowährungen besitzt, geht es auch darum, ein Kundenbedürfnis zu befriedigen, um die Kundschaft damit auch nicht zu verlieren», erklärt der Finanzprofessor.