Bericht zum CS-Kollaps
Im PUK-Bericht wird die schärfste Kritik auf die Finanzmarktaufsicht und deren Präsidentin fallen. Doch auch die Nationalbank kommt mit ihrem Krisenmanagement das Fett weg.
9. Dezember 2024 • Beat Schmid

Kurz vor Weihnachten soll er endlich erscheinen: der Bericht der parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) zur Aufarbeitung der CS-Pleite. Bis zu Veröffentlichung bleibt der Inhalt streng geheim. Doch wer mit Personen aus dem Umfeld der PUK spricht, bekommt ein Bild davon, wohin die Kritik zielen wird.

«Im Zentrum der Kritik wird die Arbeit der Finanzmarktaufsicht stehen», sagt eine Quelle. Die Finma hätte mit den ihr zur Verfügung stehenden Instrumenten früher bei der Credit Suisse eingreifen müssen, so der Tenor. Zwar hat die Finma unzählige Massnahmen ergriffen: Seit 2012 hat sie 43 Vorabklärungen eingeleitet, neun Rügen erteilt, 16 Strafanzeigen erstattet und 14 Enforcementverfahren eröffnet.

Wie Recherchen zeigen, hat die Finma sogar eine Trockenübung, einen sogenannten Dry Run, durchgeführt. Das war im Herbst 2022, als bei der Bank erstmals viele Gelder abflossen. Unter strengster Geheimhaltung und gegen den Widerstand der CS-Führung spielte die Behörde eine Sanierung der Bank durch. Mit an Bord waren damals auch die wichtigsten Vertreter ausländischer Regulierungsbehörden, etwa die amerikanische Börsenaufsicht SEC.

Doch ein Dry Run ist nicht der Ernstfall. Im März 2023 kam plötzlich alles anders: Statt einer Sanierung griff die UBS zu und kaufte die Credit Suisse zum Preis von 3 Milliarden Franken. Durch diese Zwangsfusion hat die Schweiz eine Grossbank bekommen, die im Krisenfall ein erhebliches Risiko für die Schweizer Volkswirtschaft darstellt. Bereits zwei Mal schon musste der Bund die UBS retten: Während der Finanzkrise 2008 und später durch Anwendung von Notrecht, um die UBS vor einer Anklage im US-Steuerstreit zu schützen.

Kritik an der FINMA

Welche Lehren sind aus der CS-Krise zu ziehen? Auch darauf geht der PUK-Bericht ein. Zur heissen Eigenmitteldiskussion äussert er sich nicht. Das überlässt er dem Bundesrat. Er wird auch nicht plump die Absetzung der Finma-Präsidentin fordern. Vielmehr wird er eine Stärkung der Aufsicht und ihrer Organe vorschlagen.

Damit ist unter anderem ein professionell zusammengesetzter Verwaltungsrat gemeint. Heute ist das Gremium zu schwach besetzt: Drei von neun Mitgliedern sind Professoren, darunter Präsidentin Marlene Amstad. Die anderen Mitglieder haben Erfahrungen in der Privatwirtschaft gesammelt, doch niemand hat je eine Konzernleitung einer Bank von innen gesehen. Der Finma-Verwaltungsrat hat kein Verständnis für die Dynamiken, die in Krisensituationen in Banken entstehen können.

Braucht die FINMA braucht keine schärfere Instrumente

Eine weitere Erkenntnis ist, dass die Finma auch mit den bestehende Instrumenten einen besseren Job hätten machen können. Bekannt ist, dass die Behörde nach einer «Bussenkompetenz» und dem sogenannten Senior-Manager-Regime verlangt, um Verfehlungen einzelnen Personen besser zuordnen zu können. Doch ob sie das wirklich benötigt, ist fraglich.

Wie scharf die bestehenden Instrumente sind, zeigte sie regelmässig, wenn sie gegen kleinere Finanzakteure vorgeht. Zuletzt bei der Moonshot-Plattform und weiteren Gesellschaften, die mit dem Investorennetzwerk verbunden sind. Die Finma schickte einen Untersuchungsbeauftragten in die Firmen, der sämtliche Transaktionen blockierte – unter anderem die Auszahlung von Löhnen und die Bezahlung von Rechnungen. Er nahm sogar einer unbeteiligten Wirtin die Schlüssel zu ihrem Restaurant ab, die sich in einer Liegenschaft einmietete, die zum Netzwerk gehörte.

Das unzimperliche Vorgehen zeigt: Das Problem der Finma ist, dass sie bei den Kleinen die Zähne zeigt, bei den Grossen aber nicht zubeisst. Die Finma leidet nicht an fehlenden Kompetenzen, sondern an mangelnder Führungsstärke und Entschlossenheit, um bei mächtigen Instituten durchzugreifen.

Der PUK-Bericht wird auch die Zusammenarbeit zwischen Nationalbank und Finma kritisch beleuchten. Klar ist: Mit einem beherzten Vorgehen hätten beide Institutionen der CS rechtzeitig aus der Patsche helfen können. Es ist eben nicht richtig, wenn gewisse Vertreter der UBS wie Präsident Colm Kelleher behaupten, die CS sei bereits 2015 zum Untergang verurteilt gewesen.

Zwischen 2016 und 2021 entwickelte sich der Aktienkurs der CS sogar besser als derjenige der UBS. Die Ratingagenturen stuften die CS in diesem Zeitraum sogar herauf. Es waren die beiden grossen Skandale Greensill und Archegos, welche die Bank im Frühjahr 2021 ins Wanken brachten. Richtig dramatisch wurde es im Oktober und November 2022, als Kunden massiv Gelder abzogen.

Doch auch dann wäre die Bank noch zu retten gewesen. Allerdings hätte die Nationalbank eingreifen müssen. Der letztmögliche Zeitpunkt dafür war wohl Anfang Februar 2023, als die CS ihre Zahlen für das vierte Quartal veröffentlichte. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte ein entschlossenes «Whatever it takes» der Nationalbank die Märkte beruhigen können.

Thomas Jordan hätte damals sagen müssen: «Die Credit Suisse ist systemrelevant für die Schweiz. Sie wird nicht untergehen. Wir tun alles, was in unserem Mandat steht, um das zu verhindern.» Doch Jordan tat lieber nichts. Er stellte die dringend benötigte Liquidität erst zur Verfügung, als es zu spät war.

Eine Sprecherin sagt zur Kritik am Finma-Verwaltungsrat: Der Bundesrat habe diesen in der aktuellen Zusammensetzung im Jahr 2023 wiedergewählt. «Frau Amstad hat in renommierten Institutionen in der Schweiz, Asien und USA viel Erfahrung aus Wirtschaftskrisen und in unterschiedlichem regulatorischem Umfeld gesammelt und war daneben berufsbegleitend Professorin tätig.»

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