Digital Assets Briefing
Es geht nur noch wenige Tage, bis «Bitcoin-Präsident» Donald Trump in den USA sein Amt antritt. Der Kryptomarkt ist im Vorfeld etwas nervös und noch etwas volatiler als sonst. Zeit für einen nüchternen Blick auf die Zahlen.
17. Januar 2025 • Werner Grundlehner

Trotz aller Nervosität sind die Befürworter von Kryptowährungen positiv gestimmt. Es vergeht kaum eine Woche, in der Trump nicht eine positive Entscheidung für die Kryptowährungsbranche ankündigt. Sei es, dass er Aufsicht und Regierung mit Krypto-freundlichen Beamten besetzt, eine strategische Krypto-Reserve aufbauen will oder dass die USA ihre Staatsschulden zurückzahlen werden – in Bitcoin. Wer Trump kennt, weiss, dass vieles Kalkül ist und es bei Ankündigungen bleiben wird.



Und in den Short Cuts diese Woche:
• Trump: Ab dem ersten Tag Krypto-Politik
• Ripple erreicht Allzeithoch


Der rasche Anstieg auf über 100'000 Dollar zum Jahreswechsel hat den Markt noch mehr gespalten, als er schon ist. Die Bitcoin-Verfechter sehen nun die 1-Millionen-Marke in Griffweite – eine Flut von überoptimistischen Prognosen wurde zum Jahreswechsel publiziert. Die Skeptiker sehen dagegen in dieser «luftigen Höhe» erst recht den Beweis für eine Blase.

Tippinpoint will bei den Fakten bleiben und versucht, die Lage so darzustellen, wie sie ist – anhand von Grafiken und Tabellen.

Anzahl User: Erst am Anfang

Wir sind noch in einer frühen Phase. Der Bitcoin weist heute so viele Anwender auf, wie das Internet im Jahr 1999. Erinnern wir uns, Microsoft-Gründer sagte noch 1995: «Das Internet ist nur ein Hype».

Wachstumsgeschwindigkeit: Rasant unterwegs

Aber Krypto ist schneller unterwegs als andere neue Technologien. Um 300 Millionen Anwender zu erreichen, brauchte Krypto 12 Jahre, deutlich weniger als das Internet und das Handy.

Jährliche Performance

Der Bitcoin weist in seiner kurzen Geschichte nur drei Jahre mit negativer Performance auf – hier im Vergleich mit amerikanischen Anlageklassen. Während die wahnsinnige Prozentzahl seit 2011 wenig aussagekräftig ist – da die Kryptowährung aus dem Nichts startete –, sind es die einzelnen Jahresentwicklungen schon – auch weil sie sich zuletzt beschleunigt haben.

Im Vergleich mit anderen Vermögenswerten: Einige Aktien sind grösser

Obwohl die Edelmetalle als auch die US-Technologie-Aktien (etwa die «Glorreichen Sieben») in der jüngsten Vergangenheit stark zugelegt haben, rückt der Bitcoin in der Marktkapitalisierungs-Rangliste weiter nach vorn und hat nun auch Silber hinter sich gelassen. Kryptowährungen als Einheit kämen hinter Gold mit 3,5 Billionen Dollar auf Platz 2.

Schutz gegen Inflation: Alles wird billiger

Wenn man sich von der Umrechnung in Fiat-Währungen löst und nur in Bitcoin kalkuliert, schützt die Kryptowährung nicht nur gegen Teuerung, sondern ist sogar hoch deflationär. Hier am Rechenbeispiel des Median-Dollarpreises für ein Haus in den USA.

Anzahl Halvings: Da kommt noch viel

Einer der Treiber im vergangenen Jahr war das Halving. Bei diesem im Bitcoin-Protokoll festgelegten Vorgang wird die Belohnung der Miner für das Verifizieren eines Blocks auf der Bitcoin-Blockchain halbiert und das Angebot an neuen Coins sinkt. Wir haben erst vier von insgesamt 37 solcher Vorgänge bis ins Jahr 2140 hinter uns (im Jahr 2009 gab es kein Halving). Doch schon bald werden die Belohnung für Miner und die Anzahl neuer Bitcoins vernachlässigbar sein.

Das tägliche Zahlungsvolumen: Den Kreditkarten auf den Fersen

Bezüglich Transaktionsvolumen über die Blockchain hat der Bitcoin im Herbst 2024 ein tägliches Volumen von gegen 50 Milliarden Dollar erreicht, das vergleichbar ist mit dem Transaktionsvolumen von Mastercard und Visa. Für «wirtschaftliche Zahlungstransaktionen» liegt das Volumen des Bitcoins mit etwas über 6 Milliarden Dollar täglich aber noch deutlich tiefer.

Dezentrale Organisation: Die Knotenpunkte konzentrieren sich auf die westlichen Industriestaaten

Die Basis des Bitcoin-Netzwerkes sind Nodes (Knotenpunkte). Das sind Computer, welche die Bitcoin-Software heruntergeladen haben und dem Netzwerk beitreten. Ein solcher Node speichert die komplette Geschichte und Chronologie der Bitcoin-Blockchain und trägt zur Sicherheit des Bitcoin-Netzwerks durch den Konsensmechanismus bei, da Nodes jede Transaktion ablehnen, die gegen die Konsensregeln verstossen. Die Anzahl der Knotenpunkte betrug im Jahr 2017 rund 10'000. Gemäss bitnodes.io beträgt die Zahl dieser Nodes heute etwas über 21'000. Rund 13'000 können nicht lokalisiert werden, 2116 sind in den USA domiziliert, 1344 in Deutschland. Die Schweiz folgt auf Rang 13. Je nach Anbieter variieren die Zahlen der erreichbaren Nodes. Das Wachstum der Nodes wird unter anderem durch die zunehmende Zentralisierung von Mining-Pools und die hohen Kosten für den Betrieb eines kompletten Knotens gebremst.

Wer hält Bitcoin? ETF, Länder und Unternehmen

Wer hält Bitcoins? – Antwort: Viele oder das kann man nicht sagen, weil es anonym ist. Doch einige Besitzer sind bekannt. Diese werden unter Bitcoin Treasuries detailliert aufgeführt. Aktuell werden knapp über 14 Prozent des Bestandes von ETF, Ländern, kotierten und nicht-kotierten Unternehmen sowie Minern gehalten. Dieser Anteil dürfte wahrscheinlich steigen, wenn man auf die Ankündigungen zu strategischen Reserven von Ländern hört, die Pläne von MicroStrategy und anderen Unternehmen sieht sowie davon ausgeht, dass der Boom der Krypto-ETF weitergeht.




Short cuts: News aus der digitalen Welt


Trump: Ab dem ersten Tag Krypto-Politik

Der neue US-Präsident Donald Trump übernimmt am 20. Januar sein Amt. Am ersten Tag soll davon bereits die Kryptoindustrie profitieren. Gemäss einem Bericht der «Washington Post» soll der neue Amtsinhaber eine Reihe von Durchführungsverordnungen unterzeichnen, von denen einige Auswirkungen auf die Kryptoindustrie haben werden. Unter anderem sollen die Rechnungslegungsvorschriften für Banken ändern. Bisher müssen die Institute, die Kryptowährungen halten, diese als Verbindlichkeiten ausweisen. Auch die Nachrichtenagentur Reuters berichtete am 23. Dezember, dass Vertreter der Kryptoindustrie Trump dazu drängten, innerhalb seiner ersten 100 Tage im Amt kryptobezogene Durchführungsverordnungen zu erlassen, und dass einige davon ausgingen, dass mindestens eine am ersten Tag kommen würde. Die Branche warf der Biden-Administration vielfach vor, die Finanzaufsichtsbehörden zu benutzen, um die Banken unter Druck zu setzen und die Kryptobranche im Rahmen der «Operation ChokePoint 2.0» von den Finanzdienstleistungen abzuschneiden.


Ripple erreicht Allzeithoch

Die Kryptowährung erreicht nach einem langen Kriechgang ein neues Höchst und übertrifft damit den bisherigen Rekordstand von Januar 2018. Mit einer Marktkapitalisierung von 190 Milliarden Doller ist Ripple nun zur drittwertvollsten Kryptowährung aufgestiegen. Wie bei anderen Kryptowährungen dürfte auch hier der Wahlsieg von Donald Trump der Haupttreiber sein – dies aber noch ausgeprägter. Der republikanische Wahlerfolg nährt die Hoffnung auf ein Ende des vierjährigen Rechtsstreites zwischen Ripple Labs und der US-Börsenaufsicht. Angeblich soll die neu berufene SEC-Spitze laufende Klagen prüfen und bald einstellen. Ein weiterer Treiber für Ripple ist die Aussicht auf einen Spot-ETF in den USA. Zudem könnte Donald Trump Gerüchten zufolge dazu geneigt sein, Ripple in eine «America First» Krypto-Reserve, zusammen mit Solana und dem Stablecoin USDC, aufzunehmen. Auch ein Faktor: Der neue Ripple-Stablecoin RLUSD feiert erste Erfolge und hat ein tägliches Handelsvolumen von 100 Millionen Dollar überschritten.

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