Senior Managers Regime
Nach dem CS-Kollaps kommen alte Forderungen wieder aufs Tapet. Wie die Einführung einer Bussenkompetenz oder das sogenannte Senior Managers Regime. Was dabei fast vergessen geht: Ein entsprechendes Postulat wurde bereits überwiesen.
27. März 2023 • Balz Bruppacher

Nach dem Untergang der Credit Suisse (CS) kommen alte Forderungen nach neuen Instrumenten in der Finanzmarktaufsicht wieder auf den Tisch. Zum einen geht es um die Einführung einer Bussenkompetenz für die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma. Vor 20 Jahren hatte dies die Finma-Vorgängerbehörde, die Eidgenössische Bankenkommission (EBK), selber in einem sogenannten Sanktionenbericht angeregt.

Maximal 50 Millionen Franken wären für fehlbare Institute vorgesehen gewesen. Der Plan führte aber zu einem Aufschrei der Branche und ihrer bürgerlichen Lobbyisten in der Politik. Bei der Gesetzgebung für die integrierte Finanzmarktaufsicht Finma fiel die Bussenkompetenz denn auch aus Abschied und Traktanden.

Die Finma selber war bis vor kurzem nicht mehr darauf erpicht, eine Kompetenz zum Verhängen von Bussen zu erhalten. „Die Finma hat immer unterstrichen, dass sie mit den vorhandenen Aufsichts- und Sanktionsinstrumenten zufrieden ist und ihren Auftrag so erfüllen kann“, liess sich 2018 ein Finma-Sprecher zitieren. Zudem sei fraglich, ob Bussen wirklich zu einer Veränderung des Verhaltens beitrügen.

Die Milliardenbussen im Ausland hätten das Fehlverhalten der Banken nicht effektiv gestoppt. „Man könnte den Eindruck gewinnen, dass hinsichtlich Bussen in den Unternehmen teilweise die Haltung herrscht: Heute ausgesprochen, morgen gezahlt, übermorgen vergessen“, so der Finma-Sprecher damals.

Früherer Aufseher: Anstatt Bussen mehr Eigenkapital

Kritik an der den inflationären Bussenspiralen im Ausland übte auch der frühere EBK- Direktor und Finma-Vizepräsident Daniel Zuberbühler. "Wenn hohe Bussen zum Normalfall werden, muss wie beim Drogenkonsum die Dosis ständig erhöht werden, um noch einen Effekt auf die Unternehmen und das Publikum zu erzielen", sagte Zuberbühler 2014 in einem Vortrag an der Universität Bern und fügte hinzu: "So wie man sich in der Finanzkrise auf Milliardenverluste einstimmte, wird man sich auch an Milliardenbussen gewöhnen." Sein Rezept lautet: Anstatt Bussen mehr Eigenkapital.

Ein anderes Instrument, mit dem der Werkzeugkasten der Finma ergänzt werden könnte, ist das sogenannte Senior Managers Regime, das im Vereinigten Königreich im Gefolge der Finanzkrise von 2008 eingeführt wurde. Es soll auf der obersten Führungsebene der Banken einen Kulturwandel herbeiführen und die Verantwortungsträger für Mängel und Versagen in die Pflicht nehmen.

Sowohl Finma-Präsidentin Marlene Amstad wie auch Finma-Direktor Urban Angehrn nannten dieses Instrument in Interviews der Sonntagpresse als mögliche sinnvolle Neuerung. Beim Bundesrat rennen sie insofern offene Türen ein, als der Nationalrat vor Jahresfrist (am 1. März 2022) ein Postulat des Freiburger Grünen Gerhard Andrey im Einvernehmen mit der Regierung mit genau diesem Anliegen überwies.

Matter warnte vor Regulierung wegen vereinzelter schwarzer Schafe

Der Vorstoss wurde damals von der SVP bekämpft. Der Banker Thomas Matter (SVP/ZH) gab unter anderem zu bedenken, die Folge des Postulats wäre wohl "eine noch weiter gehende Regulierungsdichte unseres Finanzplatzes" und eine weitere Verringerung der Wettbewerbsfähigkeit. "Wir sollten uns davor hüten, wegen vereinzelter schwarzer Schafe alle ehrlichen Akteure zu behelligen und dem zu über 99 Prozent gut funktionierenden Finanzplatz zusätzliche Kontrollfesseln anzulegen", sagte Matter. Mit 134 gegen 51 Stimmen hiess der Rat den Vorstoss aber gut und beauftragte das EFD, einen Bericht zu erarbeiten.

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