Digital Assets Briefing
Nach der Zulassung von Bitcoin-ETFs geht ein Gerangel um die Kunden beim «hässlichen Bruder» der Exchange Traded Funds los. Europäische Anbieter von ETPs sind gezwungen, die Preise zu senken. Doch nicht alle machen mit.
23. Februar 2024 • Werner Grundlehner

Vielleicht gibt es schon zu viele standardisierte Anlageprodukte, die dem mit Krypto wenig vertrauten Investor ein indirektes Engagement in Bitcoin & Co. erlauben. Noch bevor Exchange Traded Funds (ETF, kotierte Indexfonds), die den Kassakurs des Bitcoins abbilden, Anfangs Januar durch die US-Börsenaufsicht SEC die Vetriebsbewilligung erhielten, begannen die Anbieter in den USA sich mit Gebührensenkungen gegenseitig zu unterbieten und Investoren anzulocken.



Und in den Short Cuts diese Woche:
• Der Bitcoin wird weiter steigen, wenn…
• «Bitcoin-ETF waren riesiger Fehler»


Das gleiche Vorgehen zeichnet sich nun bei den ETP (Exchange Traded Product) in der Schweiz und Europa ab. Diese Produkte bekommen die Konkurrenz durch die Fonds zu spüren – nicht nur auf dem Alten Kontinent. Die ETP europäischer Anbieter waren auch bei US- und kanadischen Investoren beliebt. Meist stammen die neuen US-ETF von Anbietern, die früher bereits ETP im Angebot hatten. Denn es ist nicht so, dass die Vermögensverwalter, die vor kurzem in den Vereinigten Staaten von der Börsenaufsicht eine ETF-Zulassung erhielten, erst vor Kurzem vom Marktpotenzial von Bitcoin & Co. überzeugt wurden. Die ETP waren meist bereits seit Jahren im Angebot.

Was ist das für ein Produkt?

Doch was sind ETP überhaupt? Oft wird angeführt mit dem Zusatz «Exchange Traded» hätten die Anbieter am Erfolg der ETF partizipieren wollen. ETP decken Anlagebereiche ab, die über herkömmliche ETF nur schwer zugänglich sind, etwa Rohwarenpreise, Währungen, Volatilitäten, Nebenwerte oder eben Kryptos. Ein Grund für die Entstehung der neuen Indexproduktkategorien ist auch, dass unter der EU-Richtlinie «Ucits III» für Fonds aus Diversifikationsgründen nicht gestattet ist, nur den Preis eines einzelnen Basiswertes abzubilden.

Rechtlich gesehen sind ETP-Schuldverschreibungen. Es handelt sich bei den Instrumenten um strukturierte Produkte, die Indexzertifikaten ähnlich sind. Für den Käufer besteht also die Gefahr, dass der Schuldner zahlungsunfähig wird. Die an der Schweizer Börse SIX kotierten ETP sind alle besichert, damit entfällt das Gegenparteirisiko grösstenteils und damit auch der Nachteil gegenüber «herkömmlichen» ETF. Doch diese Absicherung durch Hinterlegung von Basiswerten ist nicht gratis zu haben.

ETF in Europa noch nicht zugelassen

Doch was passiert nun mit den ETP – vorerst sind Bitcoin-ETF in Europa nicht zum Vertrieb zugelassen. Trotzdem wollen Anleger in Bitcoin investieren, haben aber vielleicht Bedenken bezüglich der Sicherheit oder ihnen ist das Anlegen einer Wallet zu umständlich. Hier können ETP eine Alternative sein, die sich unkompliziert im Depot integrieren lässt. Aber sind diese Krypto-Anlageprodukte noch konkurrenzfähig? Waren die Gebühren anfänglich zu hoch, oder ist der Markt für so viele Anbieter zu klein und ein Verdrängungskampf zeichnet sich ab? Abzuwarten bleibt auch, was geschieht, wenn Bitcoin-ETF in Europa vertrieben werden. Vorerst setzen die ETP-Anbieter erste einmal auf tiefere Gebühren.

Die ETP-Anbieter hängen den Preisschnitt jedoch nicht an die grosse Glocke. Als erster dürfte Invesco reagiert haben. Seit einigen Wochen ist auf der Homepage von Invesco zu lesen. «Für nur 0,39% p.a. können institutionelle Investoren über unser passives Invesco Physical Bitcoin Exchange Traded Product (ETP) in Bitcoin investieren». Zuvor beliefen sich die Gebühren auf 0,99 Prozent. Der Invesco Physical Bitcoin ETP verwaltet Kundenvermögen von knapp 140 Millionen Dollar. Kurz darauf zog auch Wisdom Tree nach, für den ETP mit einem Anlagevermögen von 325 Millionen Dollar, wurden die Gebühren von 0,95 auf 0,35 Prozent gesenkt.

US-Zulassung treibt Interesse

Auf Anfrage erklärt der Pressesprecher von Invesco: «Die gleichzeitige Auflegung von elf neuen Bitcoin-ETF auf dem US-Markt war ein beispielloses Angebot an neuen Produkten, um die enorme erwartete Nachfrage nach Bitcoin-Engagements unter US-Anlegern zu befriedigen. In den Tagen vor dem Start senkten mehrere ETF-Anbieter die Gebühren für ihre Produkte, da der Markt daran arbeitete, ein neues Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage nach Bitcoin-Engagements zu finden.» Die Preise der neu aufgelegten US-Produkte lagen deutlich unter denen der bestehenden, in Europa domizilierten Bitcoin-Tracker (ETP).

Eine solche grundlegende Veränderung der Marktdynamik in den USA wird sich gemäss Invesco-Sprecher natürlich auf die in Europa ansässigen institutionellen und professionellen Anleger auswirken, für die der Invesco Physical Bitcoin ETP bestimmt sei. Vor diesem Hintergrund habe sich Invesco entschlossen, die Gebühr für das EU-Produkt zu senken.

Wissen über Blockchain wächst

Vor wenigen Tagen informierte Fidelity die Anleger, dass die Gebühren des eigenen Bitcoin ETP ebenfalls auf 0,35 Prozent reduziert wurden (von bisher 0,75 Prozent). «Die Zulassung von Spot-Bitcoin-ETF und die damit einhergehenden Gebührensenkungen haben auch ausserhalb der USA zu Gebührenanpassungen geführt und wir möchten unseren Kunden auch weiterhin einen kostengünstigen Zugang zu dieser Anlageklasse geben», sagt Nicolas Lehmann, Associate Director bei Fidelity International. Nebst den kurz- bis mittelfristigen Aspekten sehe sein Unternehmen als weiteren Faktor die zugrundeliegende Technologie, die Blockchain. Diese werde von immer mehr Menschen verstanden und angewandt. Das treibt gemäss Lehmann zusätzlich die Nachfrage und dürfte langfristig ein elementarer Faktor bleiben.

Der führende Anbieter von ETP in der Schweiz ist 21 Shares. Das im Jahr 2018 gegründete Unternehmen verwaltet gemäss Unternehmens-Website in 39 Krypto-ETP, die an 11 Börsen gehandelt werden, mit aktuell einem Vermögen 2,6 Milliarden Dollar. Das macht 21Shares gemäss eigenen Angaben auch zum weltgrössten Krypto-ETP-Anbieter. Ein Coup landete das Unternehmen im Frühling 2021, als sich die bekannte US-Investorin Cathie Wood am Unternehmen beteiligte und im Verwaltungsrat Einsitz nahm. Der in Kooperation mit Ark Invest von Cathie Wood aufgelegte Bitcoin-ETF von 21Shares gehört zu den elf Indexfonds, die im Januar eine Marktzulassung in den USA erhielten.

Bereits tiefe Kosten

21Shares wird die Gebühren wegen der ETF-Zulassung auf den eigenen ETP-Produkten nicht reduzieren. «Mit unserem 2022 eingeführten Core Offering haben wir bereits heute preislich sehr attraktive Lösungen für Bitcoin und Ethereum mit einer Management Fee von nur 0,21 Prozent», sagt Sina Meier, Leiterin des Schweizer Geschäfts von 21Shares. Meier geht nicht davon aus, dass die ETP nun vom Markt verschwinden. «Durch die unterschiedliche Produktstruktur und verschiedenen Verfügbarkeiten der US ETF in den europäischen Märkten werden ETP weiterhin für viele Anleger in Europa attraktiv bleiben», ergänzt die Managerin. 21Shares überprüfe laufend das eigene Angebot entsprechend den Kundenbedürfnissen, einschliesslich weiterer Altcoin-ETP oder einer möglichen Erweiterung des Core Offerings, antwortet Meier auf die Frage, ob das Angebot noch ausgebaut werde.

Wie um diese Aussage zu unterstreichen (wobei eine solche Produkteinführung eine lange Vorlaufzeit hat), kündete 21Shares in dieser Woche die Lancierung des Celestia Staking ETP an. Staking ist ein energieeffizienter Mechanismus in Blockchain-Netzwerken. Teilnehmer werden dabei für das Hinterlegen von Kryptowährungen für die Validierung von Transaktionen entschädigt.

Die Anbieter wollen sich nur beschränkt über die Entwicklung der ETP-Volumen in den vergangenen Wochen äusseren. Nicolas Lehmann von Fidelity sagt: «Die Preissenkung ist noch zu frisch, um das zu beantworten. Da die Entscheidung auf viele Kundengespräche zurückgeht, die ihr Interesse an unserem Produkt bekundet haben, sind wir aber zuversichtlich, was die künftige Entwicklung angeht.»

Sind Gebührensenkungen nachhaltig?

Die Frage bleibt nun, ob diese Preissenkungen für die Vermögensverwalter nachhaltig sind. Denn im Gegensatz zu ETF – deren Sätze nun in etwa egalisiert werden – müssen ETP hinterlegt sein. Schweizer ETP ähneln strukturierten Produkten mit Cosi-Besicherung (Collateral Secured Instruments). Ein Branchenkenner sagt, dass die Kosten für diese Pfandbesicherung, die bei einer unabhängigen Drittpartei deponiert werden müssen, sich für den Investor auf 20 bis 50 Basispunkte belaufen.

Es zeigt sich auch hier: Es ist für die Anleger zwar aufwendig – und braucht inital einige Zeit, um sich vertraut zu machen – aber wer Kryptos selbst kauft und verwahrt, zahlt weniger und muss sich um die Sicherheit bei Emittenten oder anderen Drittparteien keine Sorgen machen. Zudem kann er Bitcoin & Co. so nutzen, wie es von den Initiatoren von Kryptowährungen vorgesehen war.




Short cuts: News aus der digitalen Welt

Der Bitcoin wird weiter steigen, wenn…

Seit der Genehmigung von 11 Spot-Bitcoin-ETF durch die US-Börsenaufsicht SEC Anfang Januar ist die Notierung des Bitcoins von 46’000 auf über 51'000 Dollar geklettert. In den Monaten davor hatte die Kryptowährung in Erwartung dieses Ereignisses bereits eine imposante Rallye gezeigt. Wie geht es nun weiter, ist immer die wichtigste Frage für Investoren. Wenn man in einer einfachen Milchbüchleinrechnung die wichtigsten Angebots- und Nachfragefaktoren gegenüberstellt, ist es klar, der Bitcoin steigt weiter. Das impliziert, dass bestehende Investoren zuversichtlich bleiben und keine grossen Bestände abstossen (eine gewagte Annahme, weil man auch Gewinnmitnahmen einrechnen muss).

Die grösste Nachfrage kommt im Moment von den neuen ETF. Seit ihrem Start haben diese Anlageprodukte über 10 Milliarden Dollar an Vermögen gesammelt. An der Spitze steht der Fonds von Blackrock, der Bitcoin-Vermögenswerte im Wert von 4 Milliarden Dollar verwaltet. Dahinter folgt Fidelity mit 3,4 Milliarden.Momentan sind über 19,6 Millionen Bitcoin emittiert. Der definitive Umlauf ist auf 21 Millionen beschränkt. Dieser Wert wird voraussichtlich im Jahr 2140 erreicht. Die Menge an neuen Bitcoin wird sich wegen weiterer Halving-Vorgänge (Halbierung der Entschädigung für das Validieren von Bitcoin-Blöcken) noch verlangsamen. Nach dem letzten Halving im Jahr 2020 werden ungefähr alle 10 Minuten 6,25 Bitcoins generiert, was etwa 900 Bitcoins pro Tag und einem Wert von aktuell 46 Millionen Dollar entspricht. In den rund 40 Tagen seit der ETF-Einführung sind also neue Coins im Wert von 1,8 Milliarden auf den Markt gekommen. Deutlich weniger als die ETF nachfragen.


«Bitcoin-ETF waren riesiger Fehler»

Das sagt Jim Bianco, Gründer und CEO von Bianco Research, im Interview mit dem Nachrichtensender Bloomberg. Diese neuen Anlageprodukte würden zu mehr Zentralisierung durch die Wall Street führen. Dadurch würde der Bitcoin anfälliger für regulatorische Eingriffe, beispielsweise durch die Börsenaufsicht. Die Bitcoin-Spot-ETF würden dazu führen, dass einige grosse Vermögensverwalter Bitcoin akkumulieren, beispielsweise Blackrock, der grösste Vermögensverwalter der Welt. Diese Konzerne müssten sich den Vorschriften und Gesetzen der US-Behörden unterwerfen. Bereits jetzt wolle die Börsenaufsicht Einfluss nehmen – beispielsweise welche Wallets zur Verwahrung erlaubt seien oder welche Transaktionen überwacht werden müssten. Die Krypto-Community muss sich gemäss Bianco den Regeln beugen, wenn sie weiterhin neue Kundenvermögen gewinnen will. Das stehe in fundamentalem Widerspruch zur eigentlichen Bitcoin-Mission, ein alternatives Finanzsystem aufzubauen.

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