Baku 2024
An die Klimakonferenz der Vereinten Nationen werden kaum Vertreter von Banken und Versicherungen reisen. Das liegt am wenig Networking-tauglichen Austragungsort, aber auch am nachlassenden Nachhaltigkeits-Hype.
14. Oktober 2024 • Beat Schmid

Am 11. November beginnt in Baku die 29. Uno-Weltklimakonferenz. Prominente Vertreter der Schweizer Finanzindustrie aber werden bei der COP29 in der aserbaidschanischen Hauptstadt fehlen. Weder UBS noch Swiss Re noch der Versicherungskonzern Zurich entsenden hochrangige Vertreter. Die Grossbanker Sergio Ermotti und Colm Kelleher, aber auch Rückversicherer Andreas Berger planen nicht, im nächsten Monat ans Kaspische Meer zu reisen. Für Swiss Re etwa wird Veronica Scotti anreisen, Chairperson Public Sector Solutions, wie ein Sprecher mitteilt.

Topmanager anderer Finanzkonzerne haben sich ebenfalls abgemeldet: Spitzenvertreter der Deutschen Bank, Bank of America, von Blackrock und Standard Chartered verzichten auf eine Teilnahme. Das erstaunt: Immerhin wurde die COP29 von den Veranstaltern als «Finance COP» angekündigt. In Baku ist unter anderem geplant, ein neues globales Finanzziel festzulegen, um Entwicklungsländer bei der Bewältigung von Folgen des Klimawandels zu unterstützen. Der Finanzsektor soll dabei eine wichtige Rolle spielen.

Von der offiziellen Schweiz wird Bundesrat Albert Rösti in den Öl- und Gas-Staat Aserbaidschan reisen. Für den Umweltminister ist die Teilnahme am UNO-Klimagipfel obligatorisch. Die Schweizer Delegation wird durch das Bundesamt für Umwelt koordiniert. Vom Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) wird Philippe Lionnet, der Verantwortliche für Sustainable Finance, in Baku dabei sein.

Weshalb dieses Desinteresse des Finanzwesens? Zum einen beginnt die Veranstaltung nur wenige Tage nach den US-Präsidentschaftswahlen. Deren Ausgang beeinflusst auch die Zukunft der globalen Klimapolitik. Donald Trump hat für den Fall seines Wahlsiegs – wie bereits in seiner ersten Amtszeit – den Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkommen versprochen. Zum andern, und das ist keine Nebensache: Baku hat als Networking-Plattform weniger zu bieten als etwa Dubai, wo die Konferenz letztes Jahr stattfand. «Baku ist nicht der Hotspot, an dem sich die internationale Finanzelite trifft», sagt ein Beobachter.

Bei der nächsten Auflage in Brasilien dürfte die Finanzindustrie wieder prominenter vertreten sein. Wie zu hören ist, laufen bei der UBS bereits Vorbereitungen für die COP30. Die Grossbank hat mit der Übernahme der CS ihre Präsenz im grössten südamerikanischen Land ausgebaut.

Im Übrigen sind die fehlenden Anmeldungen für die COP29 ein klares Signal für den nachlassenden Nachhaltigkeitshype. Zwar halten viele Unternehmen in der Schweiz an ihren Klimazielen fest und bemühen sich, den Ausstoss schädlicher Klimagase zu reduzieren. Doch das Thema Nachhaltigkeit scheint keine brummenden Geschäfte mehr zu versprechen.

Versprechen zurückgenommen

In Glasgow 2021 überbot sich die Finanzindustrie mit Versprechungen, die Welt in eine nachhaltige Zukunft zu führen. Banker erklärten, dass Investoren durch gezielte Lenkung von Finanzströmen Gutes für die Umwelt tun könnten. Um sich nicht dem Vorwurf des Greenwashing auszusetzen, aber auch aus politischen Gründen, haben die Banken ihre Versprechen inzwischen deutlich zurückgeschraubt.

Um die in Schottland gestartete Glasgow Financial Alliance for Net Zero (GFANZ) ist es zuletzt immer ruhiger geworden. Aus den Unterallianzen für Banken (Net Zero Banking Alliance) und Versicherungen (Net Zero Insurers Alliance) sind einige prominente Vertreter wieder ausgestiegen. Dazu gehören die Zurich Insurance Group und die Swiss Re.

Bei der Genfer Privatbank Lombard Odier, die Nachhaltigkeit gross auf die Fahnen geschrieben hat, scheinen sich die Prioritäten ebenfalls zu verschieben. Man werde wohl niemanden nach Baku schicken, heisst es dort. Die meisten Finanzinstitute und Unternehmen würden Baku zugunsten der COP16 in diesem und der COP30 im nächsten Jahr zurückstellen, sagt ein Sprecher.

Bei der COP16 Ende Oktober in Kolumbien steht der Schutz der biologischen Vielfalt im Mittelpunkt. Mit der Biodiversität hat die Finanzindustrie, wie es scheint, bereits ihren nächsten Trend gefunden.

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