Zeno Staub, Chef der Zürcher Privatbank Vontobel, hatte gestern einen guten Tag. Die Aktie seiner Bank machte einen Sprung um über 8 Prozent. Staub und sein Team haben die Erwartungen des Marktes deutlich übertroffen. Die guten Zahlen widerspiegeln sich auch in seinem Lohnpaket: Es stieg um knapp 20 Prozent auf 4,35 Millionen Franken.
Beeindruckend im Quervergleich ist noch etwas anderes: Das Kostenertragsverhältnis liegt bei Vontobel bei knapp unter 70 Prozent. Von einer solchen Quote sind die beiden Grossbanken meilenweit entfernt.
Doch möglicherweise wird sich diese Kennzahl in diesem Jahr wieder verschlechtern. Die Bank plant, ihre Investitionen in Informationstechnologie deutlich zu verstärken. «Hier werden wir jetzt massiv investieren», sagte Staub.
Vontobel lanciert Volt
Die Bank will im ersten Halbjahr eine App lancieren, mit der sie neue Kundengruppen erschliessen möchte. Volt, so heisst die digitale Anlageplattform, soll der Bank die Möglichkeit bieten, neue Kundengruppen «hybrid» zu beraten.
An der Analystenkonferenz sagte der Vontobel-Chef, dass er die IT-Investitionen in diesem Jahr um «20 bis 22 Millionen Franken» erhöhen wolle. Diesen Betrag wird die Bank zusätzlich zum bestehenden Budget für die Entwicklung beziehungsweise Weiterentwicklung von IT-Projekten ausgeben, präzisiert ein Sprecher auf Anfrage.
Vontobel ist in guter Gesellschaft. Die Genfer Privatbank Pictet, die gestern ebenfalls ihre Jahreszahlen veröffentlichte (sie schreibt erstmals mehr als eine Milliarde Franken Gewinn), will ebenfalls ihre Technologieinvestitionen ausbauen. Renaud de Planta, geschäftsführender Teilhaber der Pictet-Gruppe, sagte, dass die Bank in diesem Jahr «rekordhohe Investitionen in Talente und Technologie tätigen» werde.
Die UBS hat Ende Januar den Kauf der US-Vermögens-App Wealthfront angekündigt. Sie legt dafür 1,4 Milliarden Franken auf den Tisch. Das Investment-Service-Unternehmen aus Palo Alto, dem Herzen des Silicon Valleys, soll der Grossbank auch als eine Art Lernumgebung dienen, sagte Konzernchef Ralph Hamers. Mit dem Ziel, in anderen Ländern ähnliche softwarebasierte Bankinglösungen auf den Markt zu bringen.
Um wie viele Millionen Franken die Bank ihre IT-Budgets aufstocken will, ist nicht bekannt. Im Analystencall letzte Woche sagte Hamers, dass die Bank in den nächsten zwei Jahren in den USA zwischen 200 und 250 Millionen Dollar in den Ausbau der digitalen Vertriebsplattformen investieren wolle. «Der Imperativ der UBS-Story ist Technologie», sagte Hamers. Er, ein bekennender Technolgiefreak, sieht die Bank gut unterwegs, mittels Software das Wachstum zu beschleunigen.
Banken entdecken Skaleneffekte
Auffallend ist, dass die Chefs von UBS und Vontobel plötzlich von den Vorteilen von Skaleneffekten reden. Dass die Kosten von digitalen Vertriebsplattformen auch bei steigenden Volumen tief gehalten werden können. Sie sprechen damit eigentlich Binsenwahrheiten aus, die im Silicon Valley seit ewigen Zeiten zur Raison d'être gehören. Dank Skaleneffekten ist es den grossen Techfirmen gelungen, ganze Branchen komplett umzupflügen.
Die Banken haben gemerkt, dass sie Gegensteuer geben müssen, wenn sie überleben wollen. «Eine solche Chance ergibt sich vielleicht einmal im Leben», sagte Larry Feinsmith, der Informatik-Chefstratege der amerikanischen Grossbank JPMorgan Chase. Die Bank hat im Januar die Märkte mit der Message geschockt, pro Jahr 12 Milliarden Dollar in Technologie investieren zu wollen.
Das sei möglicherweise deutlich mehr, als alle Fintechs zusammen investieren würden, meinten Beobachter. 12 Milliarden Dollar sind auch wesentlich mehr, als Schweizer Banken ausgeben.