Heikler Verkauf der Munitionsfabrik
Beretta unterhält Verbindungen nach Russland. Der italienische Rüstungskonzern beliefert Waffenhändler in Sankt Petersburg und Nowosibirsk. Die SVP will den Deal in letzter Sekunde verhindern.
3. März 2022 • red.

Das Bieterverfahren für die Munitionsfabrik des Bundes geht in die heisse Phase. Schon bald fällt der Entscheid, an wen Ruag Ammotec verkauft werden soll. Bisher haben sich zwei von vier Bewerbern geoutet. Das italienische Traditionsunternehmen Beretta und die tschechische CZ Group (CZG). Zudem sollen Nammo aus Norwegen und ein weiteres Unternehmen aus Tschechien Kaufofferten abgegeben haben.

Jetzt kommt raus, dass Beretta Geschäfte mit Russland macht. Gemäss eigener Website unterhält das Unternehmen Handelsbeziehungen mit zwei russischen Waffenhändlern. Einer befindet sich in Sankt Petersburg, der andere in Nowosibirsk. Laut den Angaben dürfte es sich um Geschäfte handeln, die sich auf Jagd- und Sportwaffen spezialisiert haben. Nowosibirsk gilt als beliebter Ausgangsort für Jagdsafaris.

Wird Beretta die Verbindungen kappen?

Ob Beretta wie derzeit viele andere Unternehmen die Verbindungen nach Russland kappt, ist nicht bekannt. Der Chef von Beretta sagte in einem Interview mit der NZZ, dass er Wachstumspotenzial vor allem in den USA sehe, wo das Unternehmen in den letzten Jahren im Sport- und Jagdwaffengeschäft stark gewachsen sei. Russland erwähnte er nicht.

Bei allen Bewerbern steht im Vordergrund, sich als seriöses und transparentes Unternehmen zu präsentieren. Der Schweizer Manager Rudolf Hardon, der sich zusammen CZG um Ammotec bewirbt, hob im Interview hervor, dass die Firma der “Transparenz und einwandfreiem Geschäftsgebaren verpflichtet” sei.

Und Pietro Beretta sagte, dass es “ausgeschlossen” sei, dass Munition der Ammotec nach Katar geliefert werden könnte, wo das Unternehmen ein Joint-Venture mit einem lokalen Rüstungskonzern betreibt.

SVP will Deal in letzter Sekunde verhindern

Noch ist der Verkauf nicht über die Bühne. Am Mittwoch reichte die SVP eine dringliche Interpellation im Nationalrat ein. Darin fordert sie den Bundesrat auf, den Verkauf zu stoppen, wie der "Tages-Anzeiger" schreibt.

Der Berner SVP-Parlamentarier Werner Salzmann, der mit einem Verkaufsstopp im Ständerat scheiterte, wittert Morgenluft. “Angesichts der jüngsten Entwicklungen sind Bundesrat und Parlament hoffentlich zur Vernunft gelangt”, sagt er mit Blick auf den Ukraine-Krieg.

Dass mit Beretta ein Kaufinteressent Waffen und vielleicht auch bald Munition aus Thun nach Russland liefert, dürfte Salzmann kaum beruhigen.

MEHR ZUM THEMA


"Man kann nur alles Erdenkliche tun, dass es nicht dazu kommt"

Windturbinen-Unternehmer Rudolf Hardon will mit einem tschechischen Waffenkonzern die Thuner Munitionsfabrik Ruag Ammotec übernehmen. Wie bringt er das zusammen? Das Interview.
25. Februar 2022

Beretta gibt sich als Interessent der Schweizer Munitionsfabrik zu erkennen

Der italienische Waffenkonzern will Ruag Ammotec kaufen. Deren Chef Pietro Gussalli Beretta verspricht: Es sei ausgeschlossen, dass Schweizer Patronen in einen umstrittenen Wüstenstaat geliefert werden.
21. Februar 2022

Wer wäre der beste Käufer für Schweizer Munition?

Der Bund will mit der Ruag-Munitionsfabrik sein toxischstes Asset verkaufen. Bei der Wahl des Käufers sollte nicht allein die Versorgungssicherheit zählen.
8. Februar 2022

Heikler Verkauf der Ruag-Munitionsfabrik ins Ausland

Der Bund will die Munitionsfabrik der Ruag verkaufen. Wie Recherchen ergeben haben, sind jetzt die ersten Offerten eingegangen. Es stellen sich heikle geschäftsethische Fragen.
7. Februar 2022