An ihrer heutigen Medienkonferenz legte die Finanzmarktaufsicht (Finma) erstmals Rechenschaft über ihre Tätigkeit im Bereich neuer Finanztechnologien ab. Präsidentin Marlene Amstad erwähnte verschiedenen “Meilensteine”, die im letzten Jahr erreicht wurden. So habe die Finma den ersten Kryptofonds nach schweizerischem Recht bewilligt und erteilte erstmals eine Bewilligung für Infrastrukturen, die den Handel und Abwicklung von “digitalisierten Effekten in Form von Token” ermöglichen.
In den kommenden Jahren sieht die Finma-Präsidentin drei Entwicklungen, die sie im Auge behalten will: Neue Finanzmarktteilnehmer, neue Assets, und neue Infrastrukturen. International sei zwar viel von Big Tech die Rede, sagte Amstad. Doch die Schweiz sei davon bisher nur indirekt betroffen, da diese Firmen bisher “höchstens grenzüberschreitend” im Schweizer Finanzmarkt tätig seien. Den Fokus will die Finma in Zukunft vor allem auf Institute legen, die im Kryptobereich aktiv seien. Diese Angebote würden eine “zunehmende Komplexität und Vielfalt” aufweisen.
Amstad sieht erhöhte Geldwäschereirisiken in Krypto-Assets
Die Finma-Präsidentin erwähnte in diesem Zusammenhang sogenannte Virtual Asset Service Providers. Diese würden eine ganze Palette an Dienstleistungen anbieten, vom Wechsel von Fiat-zu-Krypto-Währungen, von Krypto-zu-Krypto, bis hin zu Transaktionen und Verwahrung von virtuellen Vermögenswerten und ICO-Dienstleistungen (Initial Coin Offering). Bei diesen neuen Finanzmarktteilnehmern möchte die Finma “ein besonderes Augenmerk auf die geldwäschereirechtlichen Vorgaben” legen. Der Regulator habe seine Erwartungen für die Prüfung von Instituten, die im Kryptobereich tätig seien, präzisiert und Module zu den Virtual Assets und Virtual Asset Service Providers erweitert.
Gemäss Amstad gebe es bei den neuen Assets auch “erhöhte Geldwäschereirisiken”. Besonders anfällig seien Krypto-Assets, die auf DLT (Blockchain) basieren. Solche Assets würden es erlauben, “grosse Summen innert Sekunden, weitgehend anonym und ortsungebunden zu verschieben”. Die Volumen von Krypto-Assets haben sich bei hoher Volatilität innert nur eines Jahres weltweit rund verfünffacht, sagte Amstad.
Noch würden die Kypto-Assets vom Financial Stability Board nicht als systemrelevant beurteilt, doch das Gremium empfehle, die Entwicklung weiter eng zu beobachten. Dies betreffe nicht nur die Assets, sondern auch die neuen Infrastrukturen. Dazu gehöre Decentralized Finance (DeFi) als ”Sammelbegriff für DLT-basierte Geschäftsmodelle”. Hier würden klassische Finanzintermediäre durch «Smart Contracts» ersetzt, so Amstad.
Aufsichtsbehörden müssen selbst digitaler werden
Für die Aufsichtsbehörden ergeben sich dadurch eine Reihe von neuen Herausforderungen. Wo immer möglich werde die Finma das Prinzip «Same risk, same rule» anwenden. Dieses Prinzip geniesse weiten Konsens, sagte Amstad. “Wo Regulierung notwendig ist, soll das Rad nicht neu erfunden werden.” Im Hinblick auf DeFi sei zudem das elementare Prinzip der “klaren Verantwortlichkeit” besonders wichtig. Ohne klare Verantwortlichkeiten gebe es “kaum echte Innovation” im Finanzmarkt.
Mit der fortschreitenden Digitalisierung des Finanzmarkts mithalten zu können, müssen die Aufsichtsbehörden “selbst digitaler” werden, sagte die Finma-Präsidentin. Die Herausforderungen und Chancen sind gross und die Finma beschäftige sich intensiv damit. Eine der häufigsten Fragen zur Digitalisierung sei: “Kommt der RoboCop? Nein! Technologie kann die Effizienz und Effektivität der Menschen erhöhen, den Menschen aber nicht ersetzen”, meinte Amstad. So würden die Vor-Ort-Kontrollen sicherlich auch weiterhin von Finma-Mitarbeitenden “aus Fleisch und Blut” durchgeführt.
Marlene Amstad ist seit gut einem Jahr Präsidentin der Finma. Zuvor war sie Professorin für Wirtschaftswissenschaften an der Chinese University Hongkong in Shenzhen, wo sie Ko-Leiterin des Fintech Centers des Shenzhen Finance Institute war.