Soziale Medien
Matthias Geissbühler hat von einer Agentur vermittelte Beiträge auf seinem Linkedin-Profil veröffentlicht. Raiffeisen reagiert überrascht.
13. Juni 2023 • Beat Schmid

Wie ist es möglich, dass sich Manager mit einem gewissen Bekanntheitsgrad Werbung für andere machen? Matthias Geissbühler, Chief Investment Officer von Raiffeisen, hat genau das getan. Auf seinem Linkedin-Profil hat er drei Beiträge veröffentlicht, die in Zusammenhang mit der Berliner Influencer-Agentur Swinx stehen, wie das zu Capital gehörende Medium Finance Forward recherchiert hat.

Geissbühler ist nicht der einzige Finanzexperte, der bezahlte Beiträge publizierte. Auch Christoph Boschan, CEO der Wiener Börse, oder Dirk Kannacher von der deutschen Nachhaltigkeitsbank GLS Bank liessen sich von der Agentur einspannen. In mehreren Fällen produzierten die Experten Videointerviews mit einem Vertreter des Fondsriesen Fidelity.
Das Geschäftsmodell des Berliner Unternehmens unterscheidet sich kaum von anderen Influencer-Agenturen. Unternehmen können für Geld – bei Swinx sind es 3900 Euro im Monat – einen Experten buchen, der das Unternehmen in einem Beitrag erwähnt oder sich wie im Fall von Fidelity als Interviewer zur Verfügung stellt. Die Namen und Funktionen der Experten wurden auf der Website von Swinx veröffentlicht.

Raiffeisen ist «schockiert»

Aufgeschreckt durch die Recherchen von Finance Forward und Capital reagieren die Experten sofort. Wenig später verschwinden ihre Namen von der Website der Agentur. Vier von ihnen haben mindestens einen Beitrag veröffentlicht, der ihnen von Swinx vermittelt wurde.

Raiffeisen, der Arbeitgeber von Geissbühler, zeigt sich überrascht: «Wir waren schockiert, dass Herr Geissbühler dort als Influencer dargestellt wird», sagt ein Sprecher der Bank gegenüber Fast Forward. Er werde ohne seine Einwilligung gelistet. Dabei ist es streng genommen gar nicht falsch von Swinx, den Manager von Raiffeisen zu benennen: Er hat insgesamt drei von der Agentur vermittelte Beiträge über sein Profil veröffentlicht. Geissbühler hat 11'400 Follower auf Linkedin.

Geissbühler erhalte normalerweise kein Geld für seine Posts, sagt der Banksprecher. In den konkreten Fällen sei lediglich eine Aufwandsentschädigung geflossen. Wie hoch die war, gibt der Sprecher nicht an, macht aber klar: «Wir als Raiffeisen haben damit gar nichts zu tun.» Inzwischen führt Swinx auch Geissbühler nicht mehr als Testimonial auf der Website.

Beiträge nachträglich als «Anzeige» deklariert

Die Beiträge von Geissbühler sind jedoch nach wie vor auf der Social-Media-Plattform abrufbar. Das Interview mit Fidelity wurde inzwischen als «Anzeige» deklariert. Zuvor war dies nicht der Fall. Fragen von Fast Forward, warum er das Angebot der Influencer-Agentur überhaupt angenommen habe, liess Geissbühler unbeantwortet.

Dirk Kannacher, Geschäftsleitungsmitglied der GLS Bank, sagt zu seinem Engagement: «Swinx hat die 1000 Euro direkt für den Bau einer Schule in Kenia gespendet.» Die Anfrage sei für ihn damals stimmig gewesen. Er habe nun aber doch veranlasst, sich von der Liste von Swinx nehmen zu lassen – da er mit seinen Linkedin-Beiträgen als Vorstand der GLS Bank wahrgenommen werde. Es gehöre nicht zur Marketingstrategie der nachhaltigen Bank, solche Beiträge zu machen.

Inzwischen sind noch knapp 50 Experten auf Swinx gelistet. Aus der Schweiz dabei ist Patrick Müller, Gründer und CEO der Chamer Technologiefirma iTrust AG.