Signa-Pleite
Der Lebensversicherer kaufte der Signa-Gruppe den Hauptsitz der Deutschen Börse ab. Wie sich herausstellt, war der Mietvertrag kurz zuvor gesenkt worden. Zudem wurde eine Klausel eingebaut, die eine Millionenzahlung vorsieht. Und: Deutsche Versicherer stecken tief im Signa-Sumpf.
12. Dezember 2023 • Beat Schmid

Im Jahr 2019 waren die Zinsen im Keller. Auf der Suche nach Rendite kauften Versicherungen europaweit Immobilien zusammen, um ihre langfristigen Verpflichtungen erfüllen zu können. Eine besonders aktive Käuferin auf dem Immobilienmarkt war die Schweizer Lebensversicherung Swiss Life, die in wenigen Jahren zum zweitgrössten privaten Immobilieneigentümer in Europa aufgestiegen ist.

Unter anderem erwarb das Unternehmen Ende 2019 das Bürogebäude «The Cube» im Frankfurter Vorort Eschborn. Das 23-stöckige Hochhaus mit 53’000 Quadratmetern Bürofläche beherbergt seit 2010 den Hauptsitz der Deutschen Börse.

Wie Swiss Life in einer Medienmitteilung im Juni 2020 offenlegte, hat sie das markante Gebäude von der Signa Holding von René Benko erworben. Die Unterzeichnung des Deals erfolgte im Dezember 2019. Über den Kaufpreis sei Stillschweigen vereinbart worden, hiess es in der Mitteilung.

Konstantin Hähndel, Head Portfolio Management PAM (Proprietary Insurance Asset Management) bei Swiss Life Asset Managers, sprach von einem «sehr guten» Investment in volatilen Zeiten. Dass nur ein Jahr zuvor die Mietkonditionen gemäss Recherchen des «Handelsblatt» zugunsten der Deutschen Börse deutlich verbessert worden waren, verschwieg er.

20 Millionen Euro in zwei Tranchen

Benkos Signa Holding soll das Gebäude 2010 für 230 Millionen Euro gekauft haben. Die Jahresmiete soll damals bei 12,8 Millionen Euro gelegen haben. 2018 verlängerte die Deutsche Börse den bis 2023 laufenden Mietvertrag vorzeitig bis 2038. Im Zuge dieser Verhandlungen wurde die Miete auf 11,5 Millionen Euro gesenkt.

Der zweite Anreiz: In den langfristigen Mietvertrag wurde eine Klausel aufgenommen, die eine zusätzliche Zahlung in zwei Tranchen von insgesamt 20 Millionen Euro an den Mieter vorsieht. Die zweite Zahlung ist für das Jahr 2030 vorgesehen.

Wie die Deutsche Börse gegenüber dem «Handelsblatt» erklärte, wurde damals «eine deutliche Reduzierung des Mietpreises erreicht» und zudem «marktübliche Zahlungen für die Instandhaltung des Gebäudes vereinbart». Swiss Life hat die Immobilie nach eigenen Angaben «zu marktüblichen Bewertungen erworben».

Ob sich die Investition für den Versicherer langfristig rechnet, ist allerdings offen. Ursprünglich bot das Gebäude Platz für 2800 Arbeitsplätze. Nach Corona und einem Umbau sind es noch 1800, von denen viele nicht besetzt sind. Der Mietvertrag läuft noch 15 Jahre. Swiss Life hat den Frankfurter Hochhauswürfel in das eigens gegründete Luxemburger Vehikel German Office Landmark Properties Holding S.à.r.l. eingebracht.

Wie die «FT» heute berichtet, haben mehrere deutsche Versicherungen Immobiliendeals von Benko direkt finanziert. Die Dortmunder Versicherung Signal Iduna soll Signa insgesamt rund eine Million Euro geliehen haben. Bei der Ergo der Munich Re belaufen sich die Kredite auf 700 Millionen Euro. Die R+V soll 500 Millionen geliehen haben. Die Allianz soll einen Kredit über 300 Millionen Euro an Signa vergeben haben, um ein Hochhaus in Berlin zu kaufen. Volkswohl-Bund hat 250 Millionen Euro geliehen.
Geschäftsführer zweier Signa-Gesellschaften freigestellt

Die angeschlagene Immobilien- und Handelsgruppe Signa von René Benko hat die Chefs der wichtigsten Teilgesellschaften entlassen. Wie das Unternehmen am Montagabend in Wien mitteilte, wurde Timo Herzberg, Chef der Signa Prime Selection AG und der Signa Development Selection AG, fristlos entlassen. Grund für die Entlassungen sei der dringende Verdacht der groben Verletzung von Vorstandspflichten, heisst es weiter.

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