Das Kontrollgremium der Deutschen Bank zieht Konsequenzen aus dem Chaos rund um die missglückte IT-Migration bei der Postbank. Mehrere Konzernleitungsmitglieder müssten in diesem Jahr mit deutlichen Kürzungen ihrer Bonuszahlungen rechnen, schreibt die Süddeutsche Zeitung. Am härtesten treffe es den ehemaligen Vize-Chef und Privatkundenvorstand Karl von Rohr, dessen Bonus sich in etwa halbieren dürfte. Aber auch CEO Christian Sewing, COO Rebecca Short und der neue Privatkundenchef Claudio de Sanctis müssten mit Kürzungen rechnen - ganz ohne Bonus müsse aber niemand auskommen.
Das Service-Debakel bei der Postbank hat in Deutschland nicht nur die Nerven tausender Kunden strapaziert und in einigen Fällen finanziellen Schaden angerichtet, sondern auch die Deutsche Bank bis zum Ende des ersten Quartals rund 80 Millionen Euro zusätzlich gekostet. Auslöser der Serviceprobleme war die Umstellung der Postbank IT auf die Systeme der Deutschen Bank. Lange Zeit hatte das Management die Probleme heruntergespielt. Interne Warnungen vor einer wachsenden Zahl von Kundenbeschwerden seien ignoriert worden, schreibt die Süddeutsche.
Lange wollte das Management die Probleme als zweitrangig abtun. Jetzt hat der Verwaltungsrat gehandelt. Er gab Ende des Jahres bei der konzerneigenen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY ein Gutachten in Auftrag, um die Verantwortung für das Service-Debakel zu klären. Das Ergebnis fiel nicht gut aus. Eine Rückforderung von Boni aus den Vorjahren (Claw-Back) ist bei der Deutschen Bank offenbar nicht geplant. Die Bank wollte sich zu den Kürzungen nicht äussern und verwies auf den Vergütungsbericht, der am 14. März veröffentlicht wird.
Heikler Vergleich
Bitter ist die Bonuskürzung für Claudio de Sanctis. Der ehemalige UBS- und CS-Topbanker ist erst seit Ende Juli Chef des Private Banking und Mitglied der Konzernleitung der Deutschen Bank. Im vergangenen Herbst sorgte er für Schlagzeilen, als er die Belegschaft mit einem gewagten Vergleich irritierte. Gemeinsam mit zwei weiteren Deutsche-Bank-Chefs stellte er sich in einer digitalen Townhall den Fragen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Dabei soll er gesagt haben, dass sich die Postbank-Mitarbeiter zuletzt wie die Kinder gefühlt haben müssen, die im Ersten Weltkrieg «ganz allein» und «ohne Verbindung zum Hauptquartier» in den Schützengräben ausgeharrt hätten. Die «Kids» seien beschossen worden und hätten trotzdem weiterkämpfen müssen.