Die Finanzmarktaufsicht agiert inkonsequent. Sie will einerseits ein tougher Regulator sein. In Wettbewerbsfragen hingegen wirkt sie handzahm. Das passt nicht zusammen. Ein Kommentar.
21. Juni 2024 • Beat Schmid

Acht Monate hat die Finma gewartet, um diesen Mittwoch festzustellen, dass der Zusammenschluss von UBS und Credit Suisse «den wirksamen Wettbewerb in keinem Marktsegment beseitigt». Damit wischt sie nicht nur die Bedenken der Weko vom Tisch, sondern macht sich selbst zur Lachnummer.

Das Verdikt wirkt lächerlich, weil die Finma in Wettbewerbsfragen kaum Kompetenzen besitzt. In einem Interview mit der HandelsZeitung (Abo) wurde Weko-Präsidentin Laura Baudenbacher gefragt, ob die Finma über Fachleute für Wettbewerbsfragen im Bankensektor verfüge. Die vielsagende Antwort der Juristin: «Meines Wissens hat sie das nicht.»

Die Einschätzung der Finma ist auch inhaltlich fragwürdig. Nehmen wir den Hypothekarmarkt: In Genf kommt die neue UBS auf einen Marktanteil von 46 Prozent. In der Waadt sind es 34, im Aargau 30 und in Zürich 29 Prozent. Rechnet man die Anteile der jeweiligen Kantonalbanken hinzu, entstehen faktische Duopole mit Marktanteilen von weit über 50 Prozent.

Spillover-Effekte

Dies führt zu Spillover-Effekten, deren Wirkung bereits heute anekdotisch beobachtet werden kann: Die UBS erhöht einem Kunden die Marge auf dem Saron um 50 Prozent. Die Kantonalbank nimmt dies mit einem Lächeln zur Kenntnis und macht ein Gegenangebot mit einer um 40 Prozent erhöhten Marge. Das Preisniveau steigt, der Kunde schaut in die Röhre.

Auch im Corporate Banking, Global Custody und Asset Management verfügt die neue UBS über hohe gemeinsame Marktanteile. Im Firmenkreditgeschäft hat die UBS bei den Grossunternehmen einen Marktanteil von 34 Prozent. Fasst man alle Unternehmen im Corporate Banking zusammen, sind es sogar 40 Prozent. Dies spreche dafür, dass der Schulterschluss mit der UBS eine «marktbeherrschende Stellung» begründet haben könnte, urteilen die Wettbewerbshüter. Die Finma weiss es besser.

Handzahm und hart

Dabei sind ihr Wettbewerbsfragen völlig wesensfremd. Das könnte ein Grund sein, warum sie den Deal durchgewinkt hat. Für sie steht der sogenannte «Gläubigerschutz» über allem. Wenn die UBS ihre Marktmacht ausnutzen und auf Kosten der Schweizer Volkswirtschaft massiv Gewinne anhäufen würde, spielt dies aus Sicht der Finma eigentlich keine Rolle.

So pervers es klingen mag: Überspitzt formuliert ist fehlender Wettbewerb sogar im Sinne der Finma. Denn eine Bank, die riesige Gewinne erwirtschaftet, verfügt in der Regel über eine starke Eigenkapitaldecke und damit über einen guten Gläubigerschutz.

Trotzdem tut sich die Finma keinen Gefallen, wenn sie der UBS einen Blankoscheck ausstellt. Ihr Vorgehen wirkt inkonsequent. In Wettbewerbsfragen scheint die Behörde handzahm zu sein und beide Augen zuzudrücken. Es entsteht der ungute Eindruck, dass sich die Behörde zur Erfüllungsgehilfin der Marktdominanz der UBS macht.

Auf der anderen Seite will sie eine harte Behörde sein, die kompromisslos den Ausbau ihres Instrumentariums fordert und strengere Regeln und mehr Eigenkapital für die UBS verlangt.

Handzahm und hart – das passt nicht zusammen. Die Behörde beschädigt damit ihre Glaubwürdigkeit.

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