Der frühere Firmenkundenchef der Credit Suisse kann seinen neuen Job bei der Liechtensteinischen Landesbank nicht antreten. Der Regulator gab die Bewilligung nicht – wegen einer Lappalie.
15. Juli 2024 • Beat Schmid

Andreas Gerber ist ehemaliger Leiter des Firmenkundengeschäfts der CS. Nach 34 Jahren kam es letzten Sommer zum Bruch. Gerber verliess die Bank überraschend. Tippinpoint berichtete damals, Gerber sei über eine interne Onlineschulung gestolpert, die er nicht absolviert habe. Dabei handelt es sich um obligatorische Kurse zu Themen wie Cybersicherheit, die in der Regel 20 bis 30 Minuten dauern.

Im März 2024 wurde bekannt, dass Gerber in die Geschäftsleitung der Liechtensteinischen Landesbank (LLB) einziehen wird. Doch diese Woche teilte die Bank mit, dass Gerber aus «persönlichen Gründen» und im «gegenseitigen Einvernehmen» sein Amt Anfang August doch nicht antreten werde.

Wie Recherchen zeigen, hat die FMA (Finanzmarktaufsicht Liechtenstein) überraschend die nötige Bewilligung nicht erteilt. Hintergrund scheint tatsächlich der leichte Compliance-Verstoss im Zusammenhang mit den Online-Schulungen zu sein.

Gemäss verlässlichen Information hat eine andere Person drei Online-Tutorials für Gerber durchgeführt. Die FMA kam offenbar zum Schluss, dass deswegen seine «persönliche Integrität» nicht gegeben sei. Angesichts der mit Skandalen gepflasterten Geschichte des liechtensteinischen Finanzplatzes mutet das Verdikt der FMA geradezu grotesk an.

Normalerweise setzt es eine Rüge ab

Wie zwei Quellen übereinstimmend berichten, flogen Gerbers Verstösse bei der Credit Suisse bereits vor über einem Jahr auf. Normalerweise werden kleinere Regelverletzungen, wie sie bei Banken an der Tagesordnung sind, mit einem Verweis, einer Rüge oder einer Bonuskürzung geahndet. Nicht so bei Gerber.

Die interne Compliance-Abteilung startete eine Untersuchung und entschied, einen Bericht an die Finma zu schicken. Diese musste aber nicht aktiv werden, da Gerber von der Bank kurz darauf entlassen wurde. In der Regel stellt die Finma ihre Untersuchungen ein, wenn sogenannte Gewährsträger die Bank verlassen.

Warum die Bank den Fall der Finma meldete und Gerber entliess, darüber kann nur spekuliert werden. Einerseits ist mit dem Zusammenbruch der CS ein Geist der Nulltoleranz in die Bank eingezogen. UBS-Präsident Colm Kelleher gab mit seiner kruden Aussage, man müsse die CS-Mitarbeiter durch einen «Kulturfilter» schicken, die Richtung vor.

CS hatte eine besseren Ruf

Andererseits gab es damals ein Gerangel um die besten Posten in der fusionierten Bank. Das CS-Schlachtross Gerber wäre keine schlechte Wahl gewesen, um das Firmenkundengeschäft der fusionierten Bank zu leiten, zumal die CS bei Unternehmenskunden einen besseren Ruf besass. Nach Gerbers Rauswurf war der Weg freigeräumt für zwei UBS-Leute, die das Geschäft heute führen.

Dass Andreas Gerber wegen einer Lappalie seine neue Stelle nicht antreten kann, ist ein Skandal. Die Regulatoren setzen sich dem Verdacht aus, zu willkürlichen Entscheidungen zu kommen. Dies umso mehr, als ihre Erwägungen völlig intransparent sind. Kürzlich hat Beat Rütsche von der Finma grünes Licht für die Wahl in den Verwaltungsrat der Postfinance erhalten. Er war viele Jahre externer Revisor der Raiffeisen. Seine Rolle im Vincenz-Skandal wurde nie untersucht.

Andreas Gerber war für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Die Liechtensteiner FMA liess eine Anfrage unbeantwortet.

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