Ein ehemaliger Kadermann im Private Banking muss sich eine neue Bank suchen. Die UBS hat ihm das Kontokorrent ohne Angabe von Gründen gekündigt – verstösst sie damit gegen ein ungeschriebenes Gesetz?
9. August 2024 • Beat Schmid

Eigentlich haben pensionierte UBS-Kader kaum Grund zur Klage. Ihre gut dotierte Rente wird pünktlich auf ihr Konto überwiesen und ermöglicht ihnen ein finanziell sorgenfreies Leben.

Auch der pensionierte UBS-Angestellte P. A. (Initialen geändert) kann sich eigentlich nicht beklagen. Die Bank hat ihm sogar während seiner aktiven Zeit, als sein Lohn in die Höhe kletterte, die Rentenlücken grosszügig gestopft. Der ehemalige Kadermann war viele Jahre im Private Banking der Grossbank tätig und betreute bis zu seiner ordentlichen Pensionierung zahlreiche vermögende Offshore-Kunden.

Seinen Lebensabend verbringt er in einem EU-Land. In diese Rentneridylle platzte kürzlich ein eingeschriebener Brief aus der UBS-Zentrale in Zürich. «Wir bedauern Ihnen mitzuteilen, dass wir gestützt auf Ziffer 18 unserer Allgemeinen Geschäftsbedingungen («AGB») mit diesem Schreiben die oben genannte Geschäftsbeziehung mit UBS Switzerland AG («UBS») kündigen.» Die Kündigung geschehe in Ausübung des «jederzeitigen Kündigungsrechts, das beiden Parteien gemäss Ziff. 18 AGB zusteht und den Grundsatz der Vertragsfreiheit widerspiegelt», teilt die UBS ihrem ehemaligen Angestellten mit.

Berühmter Artikel 18

Es ist der berühmte Artikel 18 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, der es einem Unternehmen erlaubt, einen Kunden ohne Angabe von Gründen zu kündigen (wie auch die Kunden das Recht haben, ihr Konto zu kündigen). Vor einer Woche berichtete tippinpoint über den Fall einer Schweizer Retailkundin, der nach 37 Jahren das Lohnkonto gekündigt wurde. In Online-Bewertungsforen finden sich ähnliche Erfahrungen von UBS-Kunden, die von der Bank eine Kündigung erhalten haben. Der Brief an die Retailkundin ist weitgehend wortgleich mit dem Brief an den pensionierten UBS-Mitarbeiter.

Der Unterschied besteht unter anderem darin, dass der Brief persönlich unterschrieben ist und dass P. A. zwei Monate statt nur einen Monat Zeit gegeben wird, um eine neue Bank zu finden. Zudem verzichtet die UBS auf die Androhung, ihm eine Gebühr von 200 Franken zu verrechnen, falls er nicht rechtzeitig eine Bankverbindung bei einem «anderen Finanzinstitut ausserhalb der UBS» angibt, um seine Vermögenswerte dorthin zu transferieren.

«Wir bitten Sie, die entsprechenden Schritte einzuleiten und danken für Ihre Kooperation», heisst es am Schluss des Briefes. Unterzeichnet ist der Brief von einem Prokuristin und einem Direktor der Grossbank. Bei Rückfragen solle er sich direkt an eine namentlich genannte Kontaktperson wenden. Es handelt sich um eine Juristische Fachperson aus einem regionalen Subteam des Global Wealth Management, der Kernsparte der UBS.

In der PK versichert, aber kein Konto mehr

Der Fall von P. A. ist insofern speziell, als es sich um eine Person handelt, die bei der UBS gearbeitet hat und ordentlich pensioniert wurde. Er ist bei der Pensionskasse der Grossbank versichert. Es gilt als eine Art ungeschriebenes Gesetz, Konten von Pensionierten nicht zu kündigen, wie ein langjähriger Bankmitarbeiter sagt. Dieser Grundsatz scheint auch bei anderen Banken zu gelten. Verstösst die UBS mit dem Rauswurf eines verdienten Mitarbeiters gegen dieses Gesetz? Ein Sprecher der Bank wollte dazu keine Stellung nehmen.

Was ist der Grund für die sich offenbar häufenden Kontokündigungen? Auch dazu wollte die UBS keine Stellung nehmen. Bekannt ist, dass die Bank dabei ist, Kunden auszusieben. Im Geschäft mit vermögenden Kunden hat die UBS die Schrauben bereits angezogen. Wie tippinpoint berichtete, nimmt sie die Übernahme der Credit Suisse zum Anlass, sämtliche Kundenbeziehungen im Global Wealth Management auf den Prüfstand zu stellen - nicht nur jene der übernommenen CS, sondern auch jene der UBS.

Nach Recherchen hat das Management eine Liste von 3500 Kundenbeziehungen erstellt, die aus Sicht der Bank im Verhältnis zu den Kosten zu wenig Ertrag abwerfen. Kunden, die im Ausland leben und nur ein Privatkonto haben, könnten aus Sicht der Bank zu hohe Kosten verursachen.

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