Grosse Pläne des Schweizer SIX-Börsenchefs
Die Schweizer Börse prüft die Einführung einer Kryptobörse. Digitale Vermögenswerte hätten sich zu einer «anerkannten Anlageklasse» entwickelt. Technisch soll die Plattform auf der bestehenden SDX aufbauen.
19. September 2024 • Beat Schmid

Die Schweizer SIX Group erwägt den Aufbau eines Handelsplatzes für Kryptowährungen in Europa. Damit würde der Infrastrukturbetreiber in einen Markt einsteigen, der von Playern wie Binance oder Coinbase dominiert wird. «Kryptowährungen haben sich zu einer anerkannten Anlageklasse entwickelt», sagt Bjørn Sibbern, Global Head of Exchanges bei der SIX Group.

Der Däne, der zuvor die «European Markets» der Nasdaq leitete, will deshalb die Einrichtung einer Spot-Handelsplattform prüfen, über die Kryptowährungen und Derivate gehandelt werden können, sagte er der Financial Times (Abo). Er sitzt in der Konzernleitung der SIX Group, die unter anderem die Börsen in Zürich und Madrid betreibt.

Klassische Finanzplatz-Dienstleister wie die SIX haben bisher einen grossen Bogen um Kryptos gemacht. Wenn sie in das Geschäft eingestiegen sind, dann meist über Tochterfirmen oder Joint Ventures wie die Deutsche Börse, die sich mit Nomura und Standard Chartered zusammengetan hat.

Die Erfahrungen der Betreiber scheinen nicht immer positiv zu sein. Die Zulassung von börsengehandelten Bitcoin- und Ethereum-ETFs durch die US-Börsenaufsicht SEC Anfang des Jahres hat zwar einen Run auf digitale Assets ausgelöst. Doch die damit verbundene Hoffnung, dass dadurch immer mehr Investoren die Währungen direkt halten wollen, hat sich bisher nicht wirklich erfüllt.

Cboe Global Markets, die Optionsbörse in Chicago, hat kürzlich ihren Krypto-Kassahandelsplatz geschlossen und dies mit fehlender Regulierung begründet. Auch die CME Group hat entsprechende Pläne erwogen, aber wieder verworfen.

SIX prescht vor

Nun prescht die SIX vor. «Wir suchen nach weiteren Möglichkeiten, in Europa zu expandieren, und in diesem Zusammenhang prüfen wir, ob Krypto ein Teil davon sein sollte», sagte Sibbern der FT. Wenn die SIX Krypto-Börse kommt, wird sie jedoch nur für professionelle Investoren zugänglich sein. Laut dem SIX-Börsenchef gibt es immer mehr globale Banken und Vermögensverwalter, die sich mit Kryptos beschäftigen.

Die SIX betreibt zusammen mit der japanischen SBI Group bereits die Krypto-Handelsplattform AsiaNext in Singapur. Diese Börse, die ebenfalls nur professionellen Anlegern offensteht, hat vor einem Jahr ihre Betriebsbewilligung erhalten. «Wir prüfen, ob wir etwas Ähnliches in Europa machen sollten», sagt Sibbern.

Noch ist das Projekt einer europäischen Kryptobörse aber nicht durch die Gremien. Die SIX könnte auch zum Schluss kommen, die Idee nicht weiter zu verfolgen. Die SIX gehört 120 Banken. Seit dem Verschwinden der CS hat die UBS mehr oder weniger das alleinige Sagen bei der SIX. Die Grossbank wird vom Schweizer Firmenkundenchef Andy Kollegger vertreten. Die Grossbank hat bisher noch wenig Berührungspunkte mit Bitcoin und Co. Weiterhin im SIX-Verwaltungsrat sitzt auch CS-Schweiz-Chef André Helfenstein.

Mit der SDX (SIX Digital Exchange) betreibt die SIX bereits eine Plattform, über die digitale Vermögenswerte gehandelt werden können. Seit 2018 werden beispielsweise digitale Anleihen über die SDX gehandelt. Laut Sibbern könnte die geplante Kryptobörse auf diesem System aufbauen.

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