Interview
Rahim Daya, der Chef von Barclays in der Schweiz, über die Konkurrenz aus Fernost, den Exodus der Reichen aus Grossbritannien und die Skipisten von Verbier.
3. Januar 2025 • Beat Schmid

Herr Daya, nach den vorliegenden Zahlen verwaltet Barclays Switzerland rund 16 Milliarden Franken. Wie ist das 2024 gelaufen?

In den letzten 12 Monaten haben wir eine umstrittene US-Wahl, anhaltende Spannungen im Nahen Osten und im Handel sowie Zinssenkungen durch Zentralbanken erlebt. Es gab Herausforderungen, aber insgesamt war es ein positives Jahr. Vermögenswachstum und Renditen waren entscheidend. Wir haben sowohl durch neue Kunden als auch durch eine Vertiefung bestehender Beziehungen Erfolg gehabt. UK- und Schweizer Immobilien bleiben interessant, ebenso wie unsere gemanagten Portfolios. Zudem beobachten wir eine steigende Nachfrage nach alternativen Anlagen, wobei unser Private-Equity-Angebot eine zentrale Rolle in unserer Strategie spielt.

Welche Rolle spielt die Schweiz für Barclays?

Die Schweiz bleibt das Herz des Private Bankings, wo wir viele Möglichkeiten sehen, Beziehungen zu Family Offices und Ultra-High-Net-Worth-Kunden zu stärken und auszubauen. Barclays ist seit über 30 Jahren in der Schweiz vertreten, und unsere Verpflichtung gegenüber dem Land ist ungebrochen. Wir sind eine internationale Privatbank mit Fokus auf Europa, den Nahen Osten Afrika und Asien. In Genf, unserem grössten Standort in der Schweiz, bieten wir eine breite Palette von Lösungen an – von diskretionären Mandaten bis hin zum Kapitalmarktgeschäft. In Zürich sind wir noch klein, verzeichnen aber ein starkes Wachstum.

Sie sind seit über drei Jahren CEO von Barclays Switzerland. Was hat sich das Swiss Banking verändert in dieser Zeit?

Die Schweiz ist für mich das natürliche Zentrum des Private Banking. Hier läuft vieles zusammen. Der Finanzplatz ist seit Jahrzehnten etabliert und hat weltweite Ausstrahlung. Man hört zwar immer wieder, dass Singapur und Hongkong die Schweiz überholen werden. Für mich bleibt die Schweiz aber unangefochten der führende Standort für Private Banking.

Weshalb? Wenn man sich die Zahlen anschaut, kommen die asiatischen Finanzplätze immer näher.

Asien ist ein Wachstumsmarkt, und Barclays Private Bank setzt auf Wachstum in der Region. Wir haben kürzlich angekündigt, eine neue Buchungsplattform in Singapur einzurichten. Eine direkte Konkurrenz für den Schweizer Markt sehe ich aber nicht. Unsere Kunden kommen zu uns, weil sie eine Bank mit einer langen Tradition in Grossbritannien und einer starken Präsenz in der Schweiz sowie global suchen. Natürlich ist das Vermögenswachstum in Asien stark, aber als global agierendes Unternehmen arbeiten wir mit Kollegen auf der ganzen Welt zusammen, um die Bedürfnisse unserer Kunden überall zu erfüllen. Neben Standorten in Europa und Asien sehen wir uns als Drehscheibe für Kunden aus aufstrebenden Märkten in Europa, dem Nahen Osten und Afrika.

Wie sehen Sie die Entwicklung Ihrer Kunden, speziell in Europa und in der Schweiz?

Wir beobachten eine Abwanderung vermögender Kunden aus Grossbritannien in Länder wie die Schweiz, Dubai, Monaco oder Italien. Barclays ist in all diesen Märkten präsent und gut positioniert, um von diesen Verschiebungen zu profitieren. In der Schweiz konzentrieren wir uns auf qualitatives Wachstum und die Stärkung langfristiger Kundenbeziehungen. Viele Kunden haben einen grenzüberschreitenden Fussabdruck.

Die linke Labour-Regierung in Grossbritannien ist daran, die Steuerprivilegien für wohlhabende Ausländer ohne offiziellen Wohnsitz, die sogenannten Non-Doms, abzuschaffen. Was erwarten Sie, gibt es jetzt einen Exodus?

Exodus ist vielleicht ein grosses Wort. Aber die Anfragen, die ich erhalte, haben in den letzten Monaten stark zugenommen. Die Schweiz gehört zu den Destinationen, die besonders weit oben auf der Liste der möglichen Zufluchtsorte stehen. Weitere Top-Standorte sind die Vereinigten Arabischen Emirate, Monaco und Italien.

Sie haben zuletzt in den Ausbau investiert. Wird das so weitergehen?

Wir haben uns verpflichtet, langfristig in der Schweiz zu investieren und haben Repräsentanzen in Genf und Zürich sowie ein saisonales Büro in Verbier eröffnet, um näher bei unseren Kunden zu sein. Sowohl in Genf als auch in Zürich haben wir neue Mitarbeitende eingestellt. Die Schweiz bleibt ein Schlüsselmarkt für uns, da sie ein stabiles regulatorisches Umfeld und eine starke Infrastruktur bietet. Zudem beobachten wir, dass immer mehr UHNWIs und ihre Familien nach integrierter Unterstützung und Bildung für die nächste Generation suchen. Um unseren Kunden zu helfen, lancieren wir Initiativen wie unser Next-Generation-Programm, das eine Reihe von Veranstaltungen zu Themen wie Investieren, Philanthropie und Impact Investing für die nächste Generation umfasst.

Sie haben das saisonale Büro in Verbier erwähnt. Damit erhöhen Sie sicher Ihre Sichtbarkeit in der Schweiz. Bringt es Ihnen auch neue Geschäfte?

Absolut, das Büro ist eine grossartige Möglichkeit, direkt vor unseren Kunden präsent zu sein – immer mehr Menschen ziehen in die Resorts oder kaufen Ferienhäuser. Wir haben eine bedeutende Rolle dabei gespielt, Kunden bei diesem Schritt zu unterstützen. Aus Sicht der Sichtbarkeit ist Barclays Private Bank nicht nur in Verbier, sondern auch in anderen beliebten Resorts wie Zermatt, Gstaad und Crans-Montana präsent.

Trifft man Sie diesen Winter auf den Pisten von Verbier?

Wenn, dann nur, weil ich arbeite oder meine Kollegen treffe. Das Skifahren überlasse ich meiner Frau und meiner Tochter.