Im vergangenen Jahr erzielte die Zürcher Kantonalbank (ZKB) ein Glanzresultat. Der Gewinn kletterte auf 1289 Millionen Franken – der Kanton und die Gemeinden dürfen sich über einen warmen Geldregen freuen. Wie der ZKB geht es den meisten Schweizer Universalbanken: Sie erleben die besten aller Zeiten – kaum vorstellbar, dass auch nur ein Wölkchen die Bilanz trüben könnte.
Auch das Management und der Verwaltungsrat der Bank sind auf himmelblaues Wetter eingestellt. Schaut man sich die Lebensläufe der Mitglieder Konzernleitung an, stösst man auf eindrückliche Abschlüsse: Doktoren, Ökonomen, eine EPFL-Mathematikerin, ein Physiker und ein ausgebildeter Informatiker.
Am Mittwoch gab die Bank zwei Abgänge in der Geschäftsleitung bekannt. Zudem teilte die Bank mit, dass der Bankrat beschlossen habe, Florence Schnydrig ab Mitte 2026 als neue Stellvertreterin CEO Urs Baumann zur Seite zu stellen. Bereits wird Schnydrig als neue CEO der ZKB gehandelt. Soweit ist es noch nicht. Aber klar ist, dass Schnydrig bei einem plötzlichen Ausfall Baumanns automatisch die Geschäfte zumindest interimistisch übernehmen muss.
Mit Urs Baumann und Florence Schnydrig stehen bald zwei Manager an der Spitze der Bank, die keine vertieften Erfahrungen in zentralen Bankbereichen mitbringen – weder Baumann noch Schnydrig haben je auf Geschäftsleitungsstufe im CFO- oder Risikobereich gearbeitet.
Vor ihrem Wechsel zur ZKB im Jahr 2021 leitete Schnydrig die CS-Kartentochter Swisscard. Von 2000 bis 2018 war sie bei der CS in verschiedenen Funktionen im Private Banking tätig – unter anderem in Zürich, Australien und Hongkong, wie es auf der Website der ZKB heisst.
Urs Baumann begann seine Karriere als Berater bei McKinsey in Zürich. Anschliessend hatte er Positionen bei Swisscard in Horgen, der Barclays Bank in London, der Lindorff Group in Oslo und der Bellevue Group in Küsnacht inne. Später war er Mitgründer und CEO der Impact-Investing-Boutique Blue Earth Capital.
Professorinnen und Lokalpolitiker
Auch ein Blick auf den Bankrat zeigt: Tiefes Bankverständnis ist kaum vorhanden. Das Gremium setzt sich aus KMU-Vertretern, Professorinnen sowie Lokal- und Regionalpolitikern zusammen – jedoch ohne ein einziges Mitglied, das jemals in der Konzernleitung einer systemrelevanten Bank tätig war.
Das ist ein Manko.
Man muss sich ernsthaft fragen: Wie sicher wird diese Führung den Tanker ZKB dereinst durch einen Strum steuern? Das Beispiel Credit Suisse hat in aller Deutlichkeit gezeigt, wohin es führen kann, wenn an den entscheidenden Hebeln der Bank keine Profis sitzen.
Mindestens genauso wichtig wie eine solide Kapitalausstattung ist der Erfahrungsschatz der Manager, die eine Bank führen. Die Finma hat einst verstärkt darauf gepocht, dass die Bankspitzen professioneller zusammengesetzt werden. Was ist daraus geworden?
ZKB-Bilanz grösser als das BIP des Kantons Zürich
Im Jahr 2013 verfügte die Schweizerische Nationalbank, dass die ZKB als Finanzgruppe systemrelevant ist. Sie befindet sich in derselben Gruppe wie Raiffeisen, Postfinance und UBS, die gleichzeitig aber auch global systemrelevant ist. Diese Institute dürfen nicht untergehen. Sie sind too big to fail.
Die Bilanzsumme der ZKB beträgt 202 Milliarden Franken. Das ist mehr als die Wirtschaftsleistung des gesamten Kantons Zürichs, die sich auf 167 Milliarden Franken beläuft. Das entspricht immerhin fast jener Ungarns.
Zweifellos gibt es in der ZKB viel bankfachliches Know-how, auch auf Führungsebene. Umso mehr wirft die Beförderung von Florence Schnydrig Fragen auf.