Der Favorit hat den Zugschlag erhalten. Der italienische Waffenkonzern Beretta darf die Thuner Munitionsfabrikationsstätte und weitere Gesellschaften zu einem unbekannten Preis übernehmen. Zwar ist noch eine Interpellation im Parlament hängig, doch diese konnte den Deal auch nicht mehr verzögern. Die Verträge sind bereits unterschrieben.
Die Fabrik wird an einen der ältesten Waffenkonzerne der Welt verkauft. 1526 gegründet, ist Beretta immer noch im Besitz der gleichnamigen Familie. Zwar wirkt eine derart ungewöhnliche Historie beeindruckend, trotzdem bleibt die Waffenschmiede eine Blackbox. Als privat gehaltene Firma gibt Beretta gegenüber der Öffentlichkeit so gut wie nichts preis. Es gibt keinen aussagekräftigen Geschäftsbericht; der Nachhaltigkeitsbericht blendet potenziell heikle Geschäfte aus und gleicht einer Imagebroschüre.
Auch der Verkaufsprozess wirkt wie aus der Zeit gefallen. Ruag will nicht offenlegen, wie der Prozess ablief. Sie bestätigt weiterhin nicht, wie viele Offerten für die Fabrik eingegangen waren. Es sollen vier gewesen sein, berichtete Tippinpoint Anfang Februar. Die Verkäuferin sagt auch nicht, mit wie vielen Kaufinteressenten sie in Verhandlungen eingetreten war. Es ist zu vermuten, dass die Ruag-Spitze lediglich mit Beretta vertiefte Gespräche geführt hatte. Offenbar war schon vor Wochen klar, dass die Italiener das Rennen machen werden, wie aus Verhandlungskreisen zu vernehmen ist.
Der Preis soll keine entscheidende Rolle gespielt haben
Bei der Entscheidung soll der Preis keine entscheidende Rolle gespielt haben, heisst es. Das beste Angebot habe gewonnen. Doch gerne würde man erfahren, warum die Munitionsfabrik bei Beretta in den besseren Händen ist als bei den anderen Bewerbern. Welche Garantien und Zusicherungen konnte die Schweiz herausholen? Die einzige Zusicherung, die Pietro Beretta gegenüber dem Werk abgab, war eine Arbeitsplatzsicherheit für die nächsten fünf Jahre.
Was fehlt, sind Angaben darüber, wie Beretta beispielsweise verhindert, dass Schweizer Munition über ihr umstrittenes Joint-Venture mit einem Rüstungsunternehmen im Wüstenstaat Qatar in falsche Hände gerät.
Eine Munitionsfabrik ist per se ein toxisches Asset. Die Schweizer Eidgenossenschaft als Verkäuferin hätte diesem Umstand besser Rechnung tragen sollen. Sie hätte von der Käuferschaft grösstmögliche Transparenz einfordern müssen. Diese Chance hat der Bund verpasst.