Credit Suisse
Um weitere Bussen abzufedern und die überdimensionierte Investmentbank zurechtzustutzen, braucht die CS Geld. Dass die Zeit der Schmerzen noch nicht vorbei ist, scheint auch das oberste Management zu glauben.
1. Juni 2022 • Beat Schmid

Das Licht am Ende des Tunnels ist bei der Credit Suisse noch nicht in Sicht. Das glauben wohl auch viele hochgestellte Manager innerhalb der Bank. Diesen Eindruck bekommt man, wenn man auf die sogenannten Management-Transaktionen schaut. Seit dem November hat kein Mitglied des Verwaltungsrats oder der Geschäftsleitung Aktien der eigenen Bank gekauft.

Im Gegenteil: Es gab nur Verkäufe. Zuletzt wurden mehrere Verkäufe von Aktienpaketen Mitte Mai gemeldet, zu einem Zeitpunkt, als die Aktien praktisch auf dem Rekordtief standen. Am 12. und 13. Mai wurden von einem Mitglied der Geschäftsleitung in drei Tranchen Titel im Wert von total 1,3 Millionen Franken bei Kursen von 6,16 und 6,37 und 6,38 Franken verkauft. Auffallend ist auch, dass keines der neugewählten Mitglieder des Verwaltungsrats Aktien zukaufte.

Falsch ist diese Verhalten mit Blick aufs eigene Portemonnaie nicht. In der Nacht auf Dienstag liess die Nachrichtenagentur Reuters eine kleine Bombe platzen. Gemäss zwei nicht genannten Quellen soll die Bank eine Kapitalerhöhung von einer Milliarde Dollar oder den Verkauf des Asset Management erwägen.

Märkte haben eine Eigenkapitalerhöhung bereits eingepreist

Die Märkte reagierten prompt: Die CS-Aktien verloren bis Handelsschluss 5,1 Prozent. Dass die Titel so stark gefallen sind, ist keine Überraschung. Kommt es tatsächlich zu einer Kapitalmassnahme in diesem Umfang, würden die Aktionäre ziemlich genau um diesen Prozentsatz verwässert werden. Bei einer Bewertung von 19 Milliarden Franken bedeutet die Aufnahme von einer Milliarde, dass die bestehenden Aktionäre ziemlich genau 5 Prozent verlieren werden.

Die Grossbank reagierte schnell und sagte, dass sie “derzeit” nicht erwäge, zusätzliches Eigenkapital aufzunehmen. Mit einer gewichteten Eigenkapitalquote von 13,8 Prozent (CET1 Ratio) und einer Leverage Ratio von 4,3 Prozent sei die Gruppe “robust kapitalisiert”. Auch Grossaktionär Harris Associates argumentierte in diese Richtung. Manche Beobachter verwiesen darauf, wonach das regulatorische Minimum bei 10,7 Prozent liege.

Nochmals Bussen von 2,6 Milliarden Dollar

Das stimmt. Doch wie die Situation in einem halben Jahr ausschaut, steht auf einem anderen Blatt. J.P. Morgan rechnet mit zusätzlichen Belastungen wegen Rechtsfällen von 2,6 Milliarden Dollar in den nächsten Jahren. Setzt sich die Entwicklung in den kommenden Monaten so fort wie in der Vergangenheit, sind weitere Grossbussen so sicher wie das nächste Sommergewitter.

Mehr Eigenkapital könnte auch ein Hinweis darauf sein, dass die Bank sich für einen grösseren Umbau rüstet. Bevor Restrukturierungen wirken, verschlingen sie zunächst viel Geld. Das war schon bei Tidjane Thiam so, der zunächst die Eigenkapitaldecke stärkte, um dann teure Einschnitten in die Investmentbank vorzunehmen.

Als Beispiel kann auch die Deutsche Bank herangezogen werden, die im Rahmen ihres 2019 gestarteten Umbaus 18’000 Stellen abbaute. Die Bank setzt auch einen Dividendenverzicht durch und sprach von der “radikalsten Transformation der Deutschen Bank seit zwei Jahrzehnten”. CS-Führung lässt diese Dringlichkeit vermissen. Nach dem Blowup mit Archegos, kündigte CEO Thomas Gottstein lediglich an, dass er das Hedge-Fonds-Geschäft herunterfahren möchte. Andere Bereiche der Investmentbank liess er unberührt.

Asset Management könnte 2,2 Milliarden bringen

Das könnte sich ändern. Wenn die Bank hier nochmals über die Bücher gehen sollte und etwa das riesige Handelsgeschäft mit festverzinslichen Anlagen zurechtstutzen sollte, würde das sehr viel Geld kosten. Neben Positionen, für die man einen Käufer finden müsste, würden auch die Entlassungen Unsummen verschlingen. Sie sind deshalb so teuer, weil die Bank dann sämtliche aufgeschobenen Boni ihrer hochbezahlten Investmentbanker auf einen Schlag auszahlen müsste.

Ob für eine solche Aktion eine Milliarde zusätzliches Kapital ausreichen würde? Zusätzliche Finanzpolster könnte die Bank aufbauen, wenn sie das Asset Management verkaufen würde. Gemäss J.P Morgan könnte die CS dafür bis 2,2 Milliarden Dollar bekommen.

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