Bankenkrise
Banker wie Oswald Grübel sagen, die Hilfe durch die SNB sei keine Staatsrettung gewesen. Hat er recht?
17. März 2023 • Beat Schmid

Oswald Grübel, der frühere Chef von Credit Suisse und der UBS, hat sich gemeldet: “Bei der Credit Suisse handelt es sich nicht um eine Staatsrettung”, sagte er im “Blick”. Die Aktion der Finma und der Schweizerischen Nationalbank sei nicht mit der UBS-Rettung im Jahr 2008 vergleichbar. Er ist der Meinung, dass die SNB aktuell nichts Aussergewöhnliches tue: “Sie stellt der CS nur zusätzliche Liquidität von bis zu 50 Milliarden Franken zur Verfügung. Damit erfüllt die SNB nur ihre Aufgabe: Sie stabilisiert das Schweizer Finanzsystem.”

Im Innern der Credit Suisse sieht man es ähnlich. Die Bank hat alles Interesse daran, die Hilfe, die sie von der Nationalbank bekommen hat, als möglichst nichtig darzustellen. Wenn die Märkte spinnen, gehöre es quasi zur staatsbürgerlichen Pflicht einer Bank, sich an die Nationalbank als Lender of Last Resort zu wenden.

Klar, es gibt Unterschiede zwischen der CS-Rettung heute und der UBS-Rettung von 2008. Der Staat hat nicht zusätzlich Eigenkapital eingeschossen und wurde nicht zum Mitaktionär. Insofern mag Oswald Grübel recht haben. Aber es gibt auch Parallelen: Die Nationalbank hat der UBS illiquide Wertpapiere abgenommen und dafür frische Liquidität zur Verfügung gestellt. Später konnte die SNB die einst als toxisch eingestuften “Schrott”-Papiere mit grossem Gewinn verkaufen.

Ähnlicher Tauschhandel

Bei der CS kommt es zu einem ähnlichen Tauschhandel. Die CS gibt der SNB ein Paket an Forderungen und bekommt dafür Liquidität. Zwar soll es sich bei den Forderungen, die die CS bei der SNB als Sicherheit hinterlegt, um erstklassige Hypotheken handeln (kein “Schrott” also), aber der Mechanismus ist der gleiche. Auch das massive Volumen des Pakets (50 Milliarden Franken) und die Schnelligkeit, mit der die Hilfe durchgepeitscht wurde, erinnert an die Situation von vor 14 Jahren.

Entscheidend ist eine weitere Parallele: Kein privater Liquiditätsprovider auf der ganzen Welt wäre in der Lage und Willens gewesen, einen solchen Deal mit der CS einzugehen. Das kann nur ein Institut wie die Nationalbank, hinter der eine ganze Volkswirtschaft steht – und die eine “öffentliche Aufgabe erfüllt” und “gemäss Verfassung unter Mitwirkung und Aufsicht des Bundes verwaltet” wird, wie die SNB ihr Verhältnis zum Bund beschreibt.

Markt wird massiv verzerrt

Dass die Nationalbank nicht einfach “nur” Liquidität zur Verfügung stellt, wie Grübel meint, zeigt sich auch daran, dass mit dem Deal die freien Märkte massiv verzerrt werden. Die CS muss für die Liquidität einen deutlich tieferen Preis zahlen, als wenn sie sich die Mittel über den Markt beschafft hätte – was in einem Volumen von 50 Milliarden Franken ohnehin nicht möglich gewesen wäre.

Dank der SNB-Rettung bekommt die CS so viel Liquidität, dass die Bank sogar teure Anleihen zurückkaufen kann, die sie zuvor zu einem hohen Coupon im Markt platziert hatte. Durch den Rückkauf kann die Bank ihre Zinskosten senken und ihre Ertragslage verbessern. Der SNB-Rettungsring ist also auch eine direkte Subventionierung der angeschlagenen Bank.

SNB-Milliarden sichern indirekt die Boni

Die SNB-Milliarden sichern auch indirekt die Boni der CS-Banker. Wie Anfang Woche bekannt wurde, wurde für die obersten Kaderleute und die Geschäftsleitung ein neues Bonusprogramm konstruiert. Für die Jahre 2023 bis 2025 erhalten sie sogenannte Transformation Awards – je nach Zielerreichung bekommen sie zusätzlich 30 bis 70 Millionen Franken ausgeschüttet. Die 11-köpfige Geschäftsleitung bekommt im besten Fall durchschnittlich 6,3 Millionen Franken.

Dank der SNB-Rettung bleiben die Chancen intakt, dass die Bank ihre Restrukturierungsziele erreicht – und die höchsten CS-Banker ihre Extra-Boni auch erhalten werden.

Erfüllt damit die SNB nur ihre Aufgabe, wie Banker Oswald Grübel meint?

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