Die Finanzplattform für Frauen bleibt deutlich hinter dem Businessplan zurück. Dieser erweist sich als viel zu optimistisch. Das ist auch ein Problem für die Crowdinvesting-Plattform Oomnium.
18. Juni 2024 • red.

Die Finanzplattform ElleXX hat im vergangenen Jahr über die Crowdinvesting-Plattform Oomnium 1,43 Millionen Franken eingesammelt. Das Venture von Nadine Jürgensen, Patrizia Laeri und Simone Züger war das erste Unternehmen, das über den Wemakeit-Spin-off Aktien im Publikum platzierte.

Der «Börsengang» von ElleXX war ein voller Erfolg: Innerhalb weniger Tage knackte das Start-up die Millionengrenze, 1378 Personen investierten in die Plattform. 85 Prozent des Geldes kam von Frauen.

Die Plattform lockte mit einem explosiven Wachstum. Aus den damals verteilten Unterlagen ging hervor, dass die Plattform im Jahr 2022 einen Umsatz von 180’000 Franken erwirtschaftete. Für 2023 prognostizierten die Betreiberinnen der Plattform einen Umsatz von 1 Million Franken – eine Steigerung von über 500 Prozent. Im Jahr 2026 soll der Umsatz bereits 26,3 Millionen Franken betragen.

Bewertung stützt sich auf Businessplan

Diese Wachstumszahlen bildeten die Grundlage für die Bewertung von ElleXX. Die Aktionärinnen und Aktionäre bezahlten 136 Franken pro Aktie. Für die ausgegebenen Aktien ergab sich eine Bewertung von 16 Millionen Franken. Bestätigt wurden diese Zahlen durch die Firma BV4, die mit Oomnium zusammenarbeitet.

Konkret hat BV4 für ElleXX einen «Plausibilitätsbericht» erstellt. Dieser wiederum stützte sich auf die Zahlen des von ElleXX vorgelegten Businessplans. Eine eigentliche vertiefte Prüfung, ob die Prognosen realistisch sind oder nicht, fand nicht statt.

Nun zeigt sich, dass ElleXX die hochfliegenden Pläne bei weitem nicht erreicht hat. Laut HandelsZeitung hat die Finanzplattform im Jahr 2023 gerade mal einen Umsatz von knapp 300'000 Franken erzielt – weniger als ein Drittel des prognostizierten Wertes. Von den Betreiberinnen heisst es auf Anfrage der Zeitung, der BV4-Bericht basiere auf dem Businessplan von Ende 2022, «unter der Annahme, dass ElleXX mit dem Crowdinvesting 3 Millionen Franken erreicht».

Mit mehr Geld wäre ein höheres Budget für Marketing, Verkauf und Expansion vorgesehen gewesen. «Da das Fintech mit dem Crowdinvesting knapp die Hälfte erreicht hat, musste auch die Umsatzerwartung entsprechend gesenkt werden.»

Verluste nagen am Eigenkapital

Dies zeigt ein weiteres Risiko für Investoren, die in Unternehmen investieren, die Aktien über Oomnium verkaufen. Wenn, wie im Fall von ElleXX, weniger Aktien verkauft werden als maximal zum Verkauf stehen, geraten die Planzahlen durcheinander. Die Folge für die Aktienkäuferinnen: Sie zahlen viel zu viel für ihre Anteile.

Konkret hat ElleXX 2023 einen Umsatz von 297'701 Franken erzielt. Dem stehen Personalkosten von über einer Million Franken gegenüber. Die Verluste nagen auch an den Reserven, schreibt die HandelsZeitung. Ende 2023 verfügte ElleXX noch über 622'034 Franken Eigenkapital, was den Personalkosten von sieben Monaten im letzten Jahr entspricht.

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