Aktie bricht ein
Ein US-Gerichtsurteil bringt die französische Grossbank BNP Paribas mit Menschenrechtsverletzungen im Sudan in Verbindung. Auch die offizielle Schweiz schaltete sich ein.
21. Oktober 2025 • Beat Schmid

Eine Jury des Bundesgerichts in Manhattan befand am Freitag, dass BNP Paribas «eine entscheidende Rolle bei der Ermöglichung des Genozids an schwarzen (sic!) afrikanischen Zivilistinnen und Zivilisten im Sudan durch das Regime von Omar al-Baschir zwischen 2002 und 2008» gespielt habe. Dies teilte die Anwaltskanzlei Hausfeld in einer Medienmitteilung mit, die die Kläger vertritt.

Die Geschworenen sprachen den drei Klägern – Abulgasim Abdalla, Entesar Osman Kashef und Turjuman Adam – eine Entschädigung von insgesamt rund 21 Millionen US-Dollar zu. Der Prozess gilt als Musterverfahren für die Ansprüche von über 20'000 sudanesischen Flüchtlingen, die heute in den USA leben. «Der Druck auf eine Einigung wird steigen – und zwar für Beträge, die deutlich über bisherigen Schätzungen liegen», kommentierte Bloomberg-Intelligence-Analyst Elliott Stein. Ein Vergleich von bis zu 10 Milliarden US-Dollar sei nicht auszuschliessen.

Die BNP-Paribas-Aktie fiel am Montag im Pariser Handel zeitweise um über 10 Prozent und schloss schliesslich 7,7 Prozent im Minus. BNP Paribas wies in einer Stellungnahme jeglichen Druck zu einem Vergleich zurück und kündigte an, das Urteil anzufechten. Dieses ignoriere wesentliche Beweise, die das Gericht nicht zugelassen habe. Das Urteil beziehe sich ausschliesslich auf die drei Kläger, «jede Hochrechnung oder Spekulation über mögliche Vergleiche ist daher falsch», erklärte die Bank.

Schweizer Botschaft involviert

Während der fraglichen Jahre habe man «legale Finanzdienstleistungen für Personen und Unternehmen» erbracht, die nach schweizerischem Recht – welches in diesem Verfahren angewendet wird – zulässig gewesen seien. Zwischen den regulären Banktransaktionen und den Handlungen der Kläger bestehe «kein ursächlicher Zusammenhang».

Der Grossteil der Geschäfte, für die sich BNP verantworten muss, soll über die Genfer Niederlassung der Bank gelaufen sein. Dort lagen zeitweise rund 50 Prozent der sudanesischen Devisenvorräte, schreibt die «Financial Times». Das US-Gericht stützte sich daher nun auch auf Schweizer Recht, um die Bank für den Schaden verantwortlich zu machen.

Wie der Tages-Anzeiger schreibt, spielten in den Verhandlungen Artikel 41 und insbesondere Artikel 50 des Schweizerischen Obligationenrechts eine wichtige Rolle. Artikel 50 besagt, dass die Verantwortlichen, die einen Schaden verursacht haben, solidarisch dafür haften. Haftbar ist ein Beteiligter aber nur dann, wenn seine Beteiligung auch tatsächlich ursächlich für den entstandenen Schaden war. Laut dem Tagi-Bericht erklärte Franz Werro, Professor für Privatrecht an der Universität Freiburg, dem Gericht in Manhattan im Auftrag der Kläger diesen Punkt des Obligationenrechts.

In den Verfahrensakten findet sich auch ein auf den 2. September 2025 datierter Brief der Schweizer Botschaft in den USA an den Richter. Darin wird davor gewarnt, dass die Schweizer Gesetzesartikel falsch eingesetzt werden könnten. Die Schweizer Regierung sei besorgt, dass Artikel 41 und 50 des Obligationenrechts «in einer Weise ausgelegt werden, die tatsächlich im Widerspruch zum Schweizer Recht steht». Und weiter heisst es im Brief der Botschaft: «Die Schweiz hat ein starkes souveränes Interesse daran, das Verhalten innerhalb ihrer eigenen Grenzen, einschliesslich des Bankwesens, zu regulieren.»

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