Do Svidaniya
Eine Studie spricht von 15'000 sehr vermögenden Russinnen und Russen, die das Land in diesem Jahr verlassen werden. Doch in die Schweiz zieht es nur die wenigsten.
16. Juni 2022 • Beat Schmid

Bis Ende des Jahres werden 15'000 russische Staatsbürger mit einem Vermögen von mehr als einer Million US-Dollar ihr Heimatland verlassen. Diese Prognose stellt Henley & Partners auf, ein Beratungsunternehmen, das reichen Ausreisewilligen zu neuen Staatsbürgerschaften gegen Geld verhilft.

«Russland blutet bei Millionären regelrecht aus», sagt Studienleiter Andrew Amoils dem britische “Guardian”. Die Zahl 15’000 entspreche 15 Prozent aller russischen Millionäre, wobei der Aderlass nicht von heute auf morgen komme. Schon seit zehn Jahren würden immer mehr Russinnen und Russen das Land verlassen.

Amoils scheint sich sicher zu sein, dass Russland schon bald zusammenbrechen wird: “Historisch betrachtet kommt vor dem Zusammenbruch eines grossen Landes die beschleunigte Abwanderung der Reichen, weil diese die Mittel haben, als Erste zu gehen”, sagte er der britischen Zeitung.

Reiche Russen flüchten in ihre Zweitwohnsitze

Doch wohin es die russischen Auswanderer zieht, kann Amoils auf Anfrage von Tippinpoint auch nicht sagen. Es gebe dazu keine exakten Daten. Sie meisten würden aber nach “Europa” ziehen, weil sie dort schon Zweitwohnungen besitzen. Die Russen dürften sich auf verschiedene Länder im südlichen Europa verteilen, wo sich die meisten Zeitwohnsitze befinden.

“Die Vereinigten Arabischen Emirate sind ebenfalls populär”, sagt Amoils. Gemäss seiner Studie werden sich bis Ende Jahr 4000 Millionäre in den Emiraten niederlassen. Auf den weiteren Plätzen folgen Australien (3500), Singapur (2800), Israel (2500) und die Schweiz (2500), wobei die Studie nicht angibt, von welchen Ländern die High-net-worth Individuals (HNWI) stammen. HNWIs verfügen mindestens über eine Million Dollar frei verfügbares Vermögen.

Wie Tippinpoint bereits früher berichtete, lassen sich derzeit viele reiche und ultrareiche Russen und Dubai und Israel nieder. Beide Staaten habe keine Sanktionen gegen Russland und ihre Staatsbürger erlassen und werden wohl auch keine einführen. Das gibt Auswandern einen gewissen Schutz, den die Schweiz nicht mehr bieten kann.

Die Schweiz dagegen würden die Russen meiden, sagt Amolis. Ob die verhängten Sanktionen eine Rolle spielen, sagte Amolis nicht. Die meisten HNWI, die in die Schweiz ziehen, würden aus Grossbritannien, den USA und dem “restlichen Europa” stammen.

Stolz darauf, in Malta die Zahl der Millionäre erhöht zu haben

Die Frage, ob Henley & Partners russischen Staatsbürgern hilft, zu einem anderen Pass zu kommen, liess ein Sprecher des Unternehmens unbeantwortet. Normalerweise kennt die Beratungsfirma keine Hemmungen, wenn es darum geht, ihr Business mit gekauften Pässen anzupreisen. Früheren Jahren war Henley & Partners vor allem im Karibikstaat St. Kitts und Nevis aktiv. In den letzten Jahren kamen vermehrt Malta und Zypern in den Fokus.

Henley & Partners hat in den letzten Jahren laut eigenen Angaben dazu beigetragen, dass die Zahl der in Malta lebenden Millionäre zugenommen hat. Man sei stolz darauf, diese Dienstleistung dem Land geboten zu haben, sagte Amoils einst dem “Guardian”. Auf der Mittelmeerinsel können reiche Ausländer mit einem Investment von etwa 700'000 Euro einen EU-Pass kaufen.

MEHR ZUM THEMA


Israel löst die Schweiz als sicherer Hafen für reiche Russen ab

Vermögende Russen dürften Gelder im grossen Stil von der Schweiz nach Israel verschoben haben. Dort gibt es keine Sanktionen. Viele Oligarchen sind russisch-israelische Doppelbürger.
18. März 2022