Digital Assets Briefing
Ein Mix aus Aktien aus dem Payment-Bereich und digitalen Währungen bietet ein neues Zertifikat von Maverix Securities. Der Investmentchef Roman Przibylla spricht über die Motivation und die Funktionsweise.
19. Juli 2024 • Werner Grundlehner

ETF, AMC, ETP, Tracker und andere Zertifikat auf Krypto-Anlagen fluten die Märkte. Da fragt man sich bei Neuemissionen jeweils, braucht es dieses Produkt und gibt es überhaupt einen Unterschied zum bisherigen Angebot. Der neuste ETP von Maverix Securities (die bis vor kurzem unter CAT Financial Products firmierte) unterscheidet sich in der Wahl der Basiswerte von anderen Krypto-Zertifikaten.



Und in den Short Cuts diese Woche:
• Bald kommt der Ethereum-ETF und mit ihm Misch-Produkte
• State Street startet Krypto-Abwicklungssytem


Mit ETP (Exchange Traded Products) werden Anlagebereiche abgedeckt, die über herkömmliche ETF nur schwer zugänglich sind, etwa Rohwarenpreise, Währungen, Volatilitäten, Nebenwerte oder eben Kryptos. Ein Grund für den Erfolg der Produkte ist auch, dass unter der EU-Richtlinie «Ucits III» für Fonds aus Diversifikationsgründen nicht gestattet ist, nur den Preis eines einzelnen Basiswertes abzubilden. Rechtlich gesehen sind ETP Schuldverschreibungen. Es handelt sich bei den Instrumenten um strukturierte Produkte.

Das neue Anlageprodukt von Maverix basiert auf dem Next-Generation-Payment-Index und kombiniert – und das ist das Neue – Aktien und Kryptowährungen in einem Produkt. Gemäss Pressemitteilung reagiert der Anbieter damit auf «die dynamsiche Entwicklung des schnell wachsenden Payment-Sektors». Dieser wachse jährlich im Schnitt um 12 Prozent und könnte bis Ende des Jahrzehnts einen Wert von über 4 Billionen Dollar erreichen. Warum man Anlageklassen mischt und für wen das neue Produkt geeignet sein soll, wollte tippinpoint vom Roman Przibylla, Head Investments bei Maverix, wissen.

Herr Przibylla, wieso werden Aktien und Währungen gemischt? Das ist doch eher ungewöhnlich. Es gibt auch kaum Produkte, die beispielsweise Edelmetalle, Minenunternehmen und Schmuckhersteller vereinen?

Diese Mischung ist neu, das ist die Innovation. Es ist eine Form von thematischem Investment. Es gibt im Kryptobereich bereits zahlreiche ETP, AMC und andere Zertifikate. Jetzt kann man erstmals den neuen Zahlungsbereich mit Aktien von Dienstleistern, Kartengesellschaften und Kryptowährungen in einem Produkt abdecken. Wir sehen das im Gesamtportfolio-Kontext. Man investiert in ein Aktienportfolio und nimmt noch eine Beimischung an Kryptowährungen. Die beiden Welten Zahlungsdienstleister und Kryptowährungen finden immer stärker zueinander. Man kann etwa mit Kreditkarten in Bitcoin bezahlen. Wir erwarten in den nächsten fünf bis zehn Jahren eine rasante Entwicklung und einen weiteren Zusammenschluss. Bisher gibt es kein Produkt, das diese Gesamtentwicklung abdeckt. Wir erachten die Mischung aus Diversifikations- und Renditegründen als sinnvoll.

Dieses neue Produkt scheint eher für Kleinanleger konzipiert. Ein Institutioneller oder wohlhabender Investor wird sein Portfolio selbst diversifizieren und nicht ein «Strategie-Produkt» kaufen.

Der Fokus liegt auf dem Privatanleger, der sich sagt: Ich will in diesen Bereich investieren, aber ich will die Allokation nicht selbst machen. Das Ganze ist ein aktiv gemanagtes Produkt, dass Opportunitäten nutzen kann. Deshalb haben wir auch die Form des ETP gewählt. Die Börsenkotierung garantiert Handelbarkeit, Transparenz und die bestmögliche Liquidität mit einer Überwachung durch die Schweizer Börse SIX. Die an der Schweizer Börse SIX kotierten ETP sind alle besichert, damit entfällt das Gegenparteirisiko grösstenteils und damit auch der Nachteil gegenüber herkömmlichen ETF.

Mit wem arbeiten Sie für Index-Aufbau, Custody etc. zusammen?

Der Index ist von uns kreiert worden und wird durch uns zusammengestellt und betreut. Im Investmentkomitee ist beispielsweise unser CIO, Maurizio Porfiri. Die Abwicklung und das Custody wird durch Swissquote erledigt. Die Hinterlegung der Vermögenswerte für die Besicherung erfolgt sowohl für die Aktien als auch den Kryptowährungen bei Swissquote.

Gestaltete sich der Zulassungsprozess aufwendig?

Die SIX hat klar definierte Auflagen für ETP, auch was die Handelbarkeit von Kryptowährungen angeht. Gewisse digitale Währungen wie Chainlink waren an der SIX noch nicht handelbar. Die Kryptowährung musste noch geprüft werden, ob die Anforderungen bezüglich Transparenz, Handelbarkeit etc. erfüllt waren.

Das neue Produkt erinnert stark an einen Strategiefonds. Diese haben bezüglich Transparenz und Kosten nicht den besten Ruf. Zudem ist es schwierig, bei solch gemischten Produkten festzustellen, ob die Performance im Marktvergleich gut ist oder nicht.

Wir versuchen eine möglichst grosse Transparenz zu bieten. Im Gegensatz zu einem Fonds, der im Quartalsbericht die fünf grössten Positionen zeigt, sind bei uns alle Positionen stets einsehbar. Das Produkt bildet den Index ab, dessen Zusammensetzung öffentlich ist. Zudem haben wir uns zum Ziel gesetzt, die Anleger zu informieren und auszubilden. Dafür machen wir etwa YouTube-Videos und bieten die Möglichkeit, uns live Fragen zum Produkt und zum Markt zu stellen.

Kommen die Anleger mit der hohen Volatilität im Kryptobereich zurecht?

Natürlich muss ein Käufer etwas Volatilität aushalten können, die ist bei einem gemischten Produkt aber tiefer als bei einem reinen Kryptoprodukt. Volatilität hat aber immer zwei Seiten, die hohe Schwankungsanfälligkeit ist auch ein Zeichen des Potenzials. Natürlich ist dieses Produkt aber nicht mit einer Anlage in Novartis, Nestlé und Roche zu vergleichen.

Die Investorenlegende Warren Buffett pocht immer darauf, man soll nur in das investieren, was man auch versteht. Gilt das auch für dieses Produkt.

Das ist richtig. Das heisst aber nicht, dass der Anleger im Detail versteht, wie die Chainlink-Blockchain funktioniert. Wichtiger ist es, den Gesamtzusammenhang zu verstehen. Die Payment-Industrie verändert sich. Dabei spielen grosse kotierte Unternehmen wie Visa, Mastercard und American Express eine Rolle. Diese Dienstleister stossen aktiv in den Krypto-Bereich vor. Gerade Visa hat zahlreiche Initiativen gestartet, etwa mit API (Software-Interface, Verbindung von zwei Anwendungen, Anm. der Red.), Stablecoins etc. Unser Produkt ermöglicht dem Anleger, bei der Veränderung des Zahlungsverhaltens dabei zu sein.

Kryptowährungen gelten als unberechenbar. Wie stark sind sie im neuen Produkt gewichtet.

Im neuen Produkt werden 60 Prozent des Vermögens in Aktien und 40 Prozent in Kryptowährungen investiert. Wobei jede Kryptowährung das gleiche Gewicht aufweist. Das Produkt ist aktiv gemanagt und darauf ausgelegt, die langfristige, dynamische Entwicklung im Payment-Bereich abzubilden. Das kann dazu führen, dass Gewinn in einzelnen Aktien mitgenommen und neue Titel oder Kryptowährungen aufgenommen werden.

Das Produkt heisst Next Generation Payment. Wenn man genau hinsieht, ist es aber gerade in den westlichen Industrieländern nicht weit her mit Krypto-Zahlungen. Viele Unternehmen ermöglichen zwar diese neue Zahlungsform. Das erscheint jedoch oft als Marketingmassnahme. Effektiv sind die Zahlungsvolumen mit Kryptos tief. Investoren kaufen bisher die Coins vor allem zur Spekulation oder als Wertaufbewahrungsmittel.

Es geht um die langfristige Entwicklung. Die Akzeptanz des Bitcoins steigt kontinuierlich, und es gibt andere Blockchains, die explizit für Zahlungsanwendungen entwickelt wurden. Sie sind schneller und effizienter in der Zahlungsabwicklung. Auf der anderen Seit gibt es für Unternehmen viele Anreize, Blockchain-basierte Zahlungslösungen einzusetzen, weil so Sicherheit und Transparenz erhöht und die Kosten gesenkt werden können. Hier spielt etwa Ethereum eine grosse Rolle, die dezentralisierte Apps für den Bereich anbietet. Der Zahlungsdienstleister PayPal hat bereits Krypto-Anwendungen ins Angebot integriert. Auch Intuit ist in unserem Index: Der Software-Hersteller bietet Buchhaltungssoftware für mittelständische Unternehmen an und will diesen ermöglichen, untereinander Kryptozahlungen auszuführen. Wenn ich sehe, wie schnelle der technologische Wandel voranschreitet, bin ich überzeugt, dass jeder in den nächsten 15 Jahren auf die eine oder andere Art mit Kryptos zahlt.

Täuscht der Eindruck oder haben in jüngster Zeit – auch mit der Zulassung des Krypto-ETF in den USA – diese Produkte, zusammen mit ETP, auf Kosten anderer Zertifikate an Beliebtheit gewonnen?

Grundsätzlich haben alle diese Produkte wieder an Beliebtheit gewonnen. Auch AMC und Tracker legen seit Ende des vergangenen Jahres wieder zu. Das hat sicher mit den steigenden Kursen zu tun. Unsere Branche erfährt immer eine höhere Nachfrage, wenn der Markt steigt.

Ist der Markt mit Krypto-ETP nicht langsam gesättigt? Mir kommt es vor, als flatterten wöchentlich Pressemitteilungen zu neuen Lancierungen ins Postfach.

Einen ETP auf Bitcoin muss man heute nicht mehr lancieren. Da gibt es schon genug und da wollen wir auch nicht mitmischen. Das gleiche Phänomen sieht man auf dem ETF-Markt. Es gibt unzählige Produkte auf den MSCI World und dem SMI. Hier kann man sich nur noch über den Preis differenzieren. Der Markt für ETP und innovative Anlageprodukte ist aber noch keinesfalls gesättigt und bietet noch Potential.




Short cuts: News aus der digitalen Welt


Bald kommt der Ethereum-ETF und mit ihm Misch-Produkte

Die ersten Ethereum-Spot-ETF dürften in den Vereinigten Staaten am 23. Juli eine Bewilligung zum Handel erhalten. Die US-Börsenaufsicht SEC hat den Asset Managern, die einen Zulassungsantrag eingereicht haben, bereits im Mai grünes Licht gegeben und sie aufgefordert, die endgültigen S-1-Anträge bis zum 16. Juli einzureichen. Gemäss dem anerkannten ETF-Analysten Eric Balchunas vom Nachrichtendienst Bloomberg wird das zu einem «Dammbruch» führen. Die ersten Ether-Spot-ETF würden den Weg für weitere Krypto-ETF ebnen. Der Analyst erwartet weitere Produkte, die auf Ether und Solana basieren, schrieb er in einem X-Post vom 15. Juli. Zudem dürften bald ETF, die mehrere Kryptowährungen umfassen, auf den Markt kommen. Das sei eine «100-prozentige» Möglichkeit, sagte Balchunas, als er nach der Wahrscheinlichkeit gefragt wurde, dass Vermögensverwalter ETF mit einem gemischten Bitcoin- und Ether-Engagement beantragen würden.


State Street startet Krypto-Abwicklungssytem

Der amerikanische Asset Manager State Street, der über 4000 Milliarden Dollar verwaltet, will gemäss einer Meldung von Bloomberg einen eigenen Stablecoin lancieren. Das wäre der Startschuss für ein Krypto-Abwicklungssystem. Gemäss Insidern wolle das Unternehmen Einzahlungen von Kunden tokenisieren, um diese per Blockchain verwalten zu können. In einer eigenen Studie habe State Street herausgefunden, dass gut die Hälfte der befragten 300 Firmen digitale Assets handeln würden, sofern die nötige Infrastruktur vorhanden wäre. Auch die US-Grossbanken JP Morgan und Goldman Sachs verfolgen Pläne für eine Blockchain- und Krypto-Integration. JP Morgan experimentiert mit Onyx schon seit längerem mit Blockchain-Projekten. Während der Regulator in den USA gegenüber Kryptowährungen noch skeptischer ist als die europäischen Aufsichtsbehörden, machen die US-Banken trotzdem viel schneller vorwärts als ihre Konkurrenz auf dem alten Kontinent.

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