Nach dem Ende der CS gibt die Genossenschaftsbank Gas im Firmenkundengeschäft. Inzwischen hat die Bank über 10 Milliarden ungesicherte Kredite an Schweizer Firmen vergeben. Neu organisiert die Bank Club-Deals und erwägt, als Paying-Agent aufzutreten.
22. Juli 2024 • Beat Schmid

Die Raiffeisen-Bankengruppe baut das Firmenkundengeschäft aus. Das Ende der Credit Suisse bietet der Genossenschaftsbank «Chancen, die wir nutzen können», sagt Roger Reist, Leiter Departement Firmenkunden, Treasury & Markets. «Letztes Jahr haben wir uns relativ schnell entschieden, dem Firmenkundengeschäft mehr Kapital zur Verfügung zu stellen, weil wir in diesem Segment Möglichkeiten sehen. Heute wachsen wir im Firmenkundengeschäft deutlich schneller als in den Vorjahren», sagt er.

Das zeigt sich auch beim Personal: 2023 habe man im Firmenkundengeschäft 50 neue Kundenberaterinnen und -berater eingestellt. «Im Grosskundengeschäft, das wir zentral bei Raiffeisen Schweiz führen, haben wir die Zahl der Beraterinnen und Berater von 50 auf 60 erhöht.» Insgesamt beschäftigt Raiffeisen im Firmenkundengeschäft über 500 Beraterinnen und Berater. «Wir haben die Ambition, weiterzuwachsen.»

Laut Reist beläuft sich das Kreditportfolio im Firmenkundengeschäft auf 50 Milliarden Franken. 2023 sei es gegenüber dem Vorjahr um einen einstelligen Milliardenbetrag gewachsen. Der grösste Teil des Kreditportfolios ist mit Hypotheken besichert.

«Am schnellsten wächst das Geschäft aber mit unbesicherten Krediten, weil hier das grösste Wachstumspotenzial liegt», sagt Reist. «Das Volumen von ungedeckten Krediten liegt inzwischen im niedrigen einstelligen Milliardenbereich.» Trotz des stärkeren Fokus auf das Geschäft mit Grosskunden verfolge die Bank nach wie vor eine vorsichtige Risikopolitik.

«Aufschläge zum Teil gerechtfertigt»

Zum Aufwärtsdruck auf die Margen sagt Reist, dass «die Aufschläge zum Teil gerechtfertigt» seien. Die Margen seien in Bezug auf die Liquiditätskosten und das Eigenkapital in der Vergangenheit zu tief berechnet worden. Zusätzlich gelte für systemrelevante Banken seit Anfang 2024 eine verschärfte Liquiditätsverordnung, was einen Kosteneffekt habe. Davon sei auch Raiffeisen betroffen.

Als die Credit Suisse noch im Markt war, konnte Raiffeisen oftmals nicht mithalten. «Wir haben uns in der Vergangenheit an verschiedenen Krediten nicht beteiligt, weil es sich für uns nicht gelohnt hat», sagt Reist. Bei durchgängiger Berechnung der Liquiditäts- und Eigenkapitalkosten wären die Kredite «defizitär gewesen».

Doch für die CS ging die Rechnung auf. Das zeigt die hohe Profitabilität, welche die Bank in den vergangenen Jahren im Schweizer Markt erzielte. Die CS Schweiz war effizienter und profitabler als die UBS im Heimmarkt.

Jetzt wandern einige CS-Kunden zu Raiffeisen ab. «Es sind Firmen zu unseren Kunden geworden, die früher nicht zu uns gekommen wären», sagt Reist. «Sie gehen vielleicht davon aus, dass die UBS das aggregierte Volumen nicht übernehmen wird.»

Reist spricht damit ein Problem an, von dem viele Unternehmen betroffen sind, die gleichzeitig einen Kredit bei der CS und der UBS hatten. Da die Kredite jetzt kombiniert auf der Bilanz der UBS liegen, steigen die Risiken für die Bank. Reist glaubt daher, dass die «UBS bei einigen Kunden möglicherweise über die Bücher gehen und nicht das gesamte Volumen übernehmen wird, sondern weniger».

Das Problem mit Syndikatskrediten

Ein weiteres Problem sieht Reist bei den sogenannten Syndikatskrediten – das sind grosse Kredite, die mehrere Banken gemeinsam stemmen. Bei Kreditvolumen zwischen 200 und 300 Millionen Franken mache sich der Wegfall der CS «deutlich bemerkbar». «In diesem Segment verbleiben noch die UBS und die ZKB, die in den Lead gehen.»

«Wir als Raiffeisen gehen bei syndizierten Krediten nicht in den Lead. Das wird auch bis auf weiteres so bleiben», sagt Reist. In den Lead gehen bedeutet unter anderem, dass eine Bank sich bereit erklärt, das gesamte Kreditvolumen zu garantieren, falls die anderen Banken abspringen sollten. Raiffeisen will aber auch hier die Angebotspalette erweitern: «Wir haben begonnen, syndizierte Kredite zu koordinieren. Wir fragen vorher an, ob andere Banken mitmachen wollen. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von Club Deals.»

Firmenkundenchef Reist erregt die Einführung einer weiteren Dienstleistung: «Wir sind dabei, noch einen Schritt weiter zu gehen. Wir denken darüber nach, als so genannter Paying Agent aufzutreten. Das heisst, wir koordinieren die Zinsabrechnung für alle am Konsortialkredit beteiligten Banken», sagt Reist.

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