Selten hat ein Entscheid in der Finanzmarktregulierung so viel Staub aufgewirbelt wie die Frage der neuen Eigenmittelanforderungen für die UBS nach der behördlich dirigierten Übernahme der Credit Suisse (CS). Im Falle eines zu strengen Regimes für die einzig verbliebene Grossbank stehe die Zukunft des Finanzplatzes Schweiz auf dem Spiel, wird behauptet. Es gelte zu verhindern, dass mit Konzessionen an die UBS der Grundstein für die nächste Krise gelegt werde, warnt die Gegenseite. Begleitet wird der Streit von einem beispiellosen Lobbying der Grossbank selber.
Letzteres blieb insofern nicht ohne Folgen, als Finanzministerin Karin Keller-Sutter einen Tempowechsel vornahm. Ursprünglich war geplant, dass die neuen Eigenmittelanforderungen für die UBS in einer Verordnung geregelt werden. Ende Mai sollte dazu eine Vernehmlassung eröffnet werden. Ende Februar wurde jedoch bekannt, dass der Bundesrat die Frage der Eigenmittel für die neue UBS im Gesetz verankern und damit dem Parlament unterbreiten will. Damit könnte im Falle eines Referendums in letzter Instanz sogar das Volk entscheiden, mit wie viel Eigenkapital die UBS ihr Geschäft unterlegen muss.
Bundesrat und Finanzministerin setzen sich damit dem Vorwurf aus, sich aus der Verantwortung zu stehlen. Von einer höchst bedenklichen Entscheid- oder Arbeitsverweigerung des Bundesrats sprach der Finanzregulierungsspezialist und ehemalige Finma-Chefjurist Urs Zulauf. Der Bundesrat dürfe nicht einfach einen Entscheid ins Parlament zurückspielen, wenn er im politischen Gegenwind stehe. Ein solcher Einzelentscheid, der sogar nur eine einzige Bank beträfe, gehöre nicht auf Stufe Gesetz. Damit würde der bewährte Regulierungsansatz durchlöchert, im Gesetz nur die Grundsatznormen festzuhaltzen.
Die neuen Eigenmittelvorschriften für die UBS können damit nicht 2026, sondern frühestens 2028 oder noch später in Kraft treten. Nach dem neuen Zeitplan soll die Eigenmittelfrage zusammen mit weiteren Gesetzesänderungen des Massnahmenpaktes aus dem Bankenstabilitätsbericht des Bundesrats vom April 2024 umgesetzt werden. Eine Vernehmlassung ist Ende 2025/Anfang 2026 geplant.
Am 6. Juni gibt es die «Eckwerte zur Eigenkapitalunterlegung»
Wie das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen SIF auf Anfrage von tippinpoint erklärt, will der Bundesrat Anfang Juni will über den Umfang dieser Gesetzesänderungen entscheiden. In Frage kommt gemäss dem Sitzungsplan der Bundeskanzlei damit einzig der 6. Juni, der Freitag der ersten Woche der Sommersession des Parlaments vor dem Pfingstwochenende. UBS-Chef Sergio Ermotti ging zunächst davon aus, dass die Eckwerte im Mai bekannt werden.
Am gleichen Tag will der Bundesrat Eckwerte zu den geplanten Gesetzesänderungen über die Too-big-to-fail-Regulierung präsentieren. «Dazu gehören auch Eckwerte zur Eigenkapitalunterlegung von ausländischen Beteiligungen beim Stammhaus», sagte SIF-Sprecher Mario Tuor auf Anfrage. Damit wird der Schleier zumindest etwas gelüftet. Neue Diskussionen und eine Fortsetzung des Lobbyings der UBS sind vorprogrammiert.
Gut Ding will Weile haben, mag man sich auf dem Finanzplatz freuen. Aus den Augen aus dem Sinn, könnte die Verzögerung aber auch bedeuten, wenn die Erinnerungen an das Krisen-Wochenende vom 19. März 2023 verblassen und die Lehren aus dem Untergang der Credit Suisse auf die lange Bank geschoben werden.