Ausschluss vom US-Pensionsmarkt
In den USA üben Aktivisten Druck auf die Behörden aus, der Grossbank die Bewilligung zur Verwaltung von Pensionskassengeldern zu entziehen. Galionsfigur ist ein bekannter amerikanischer Ökonom und Anwalt.
15. Oktober 2024 • Beat Schmid

Er hat sich eine Meinung gebildet: Für James S. Henry ist die UBS eine notorisch kriminelle Bank, mit der man keine Geschäfte machen sollte. Deshalb macht der 74-jährige Ökonom mit fünf weiteren Aktivisten Druck auf das US-Arbeitsministerium, der Grossbank die Lizenz zur Verwaltung von Pensionskassengeldern in den USA zu entziehen.

James S. Henry ist Fellow des Global Justice Program der Yale University und unter anderem Gründer von Tax Justice USA. Als Wirtschaftswissenschaftler, Anwalt, Berater und Aktivist hat er sich viel mit «Fragen der Steuergerechtigkeit und Entwicklungsfinanzierung» beschäftigt, wie es auf seiner Website heisst.

Nun legt er sich mit der UBS an. Für seinen Angriff auf die Bank hat er sich mit der «Süddeutschen Zeitung» zusammengetan. Diese schreibt: Die Übernahme der Credit Suisse könnte der UBS in den USA zum Verhängnis werden. Nicht nur wegen des eigenen Sündenregisters, sondern auch wegen der kriminellen Vergehen der übernommenen Bank. Wie die Zeitung (Abo) vorrechnet, hat die UBS zwischen 2000 und 2023 rund 20 Milliarden Dollar Strafe für insgesamt 96 Vergehen und «Finanzverbrechen» bezahlt. Die CS kommt auf 52 «Finanzverbrechen» und rund zwölf Milliarden Dollar Strafe in den letzten 20 Jahren.

James S. Henry ist überzeugt: Bei den Tätern handelt es sich «nicht nur um Einzeltäter, vielmehr liegt der Verdacht nahe, dass die Strukturen der Bank kriminelles Verhalten ermöglichen und forcieren». Er kritisiert, dass die Banken trotz hoher Strafen zu wenig Konsequenzen zu spüren bekämen. «Kriminelle Geschäfte sind erwünscht, denn sie sind lukrativ, sie werfen mehr Geld ab, als die Strafen kosten, und ins Gefängnis muss auch keiner der Verantwortlichen», sagt Henry, der auf Twitter die Werbetrommel für seine mit der deutschen Zeitung orchestrierten Kampagne rührt.

Der Süddeutschen zufolge prüft das US-Arbeitsministerium, ob die fusionierte Grossbank weiter auf dem Markt für US-Pensionsfonds tätig sein darf. Mit einem verwalteten Vermögen von 30 Billionen Dollar ist dies der grösste Markt der Welt. Die Regeln in den USA sind klar: Banken, die von Gerichten wegen krimineller Handlungen oder von Aufsichtsbehörden wegen Regelverstössen verurteilt wurden, dürfen keine Pensionsgelder amerikanischer Arbeitnehmer verwalten.

Allerdings können vorbestrafte Banken eine befristete Ausnahmegenehmigung beantragen. Die UBS, so die Zeitung, müsse nun um diese wichtige Ausnahmeregelung kämpfen. Zwar hätten sich auch andere Banken einiges zuschulden kommen lassen, weshalb die Ausnahmegenehmigung bisher meistens erteilt worden sei.

Diese Praxis könnte nun im Fall der UBS erstmals ein Ende haben, meint die Süddeutsche. Denn das Arbeitsministerium habe seine Regeln für die Unternehmenskultur einer Bank konkretisiert. «Schwerwiegendes kriminelles Fehlverhalten ist ein Warnsignal, das auf potenzielle Compliance-Probleme hinweist, die über die spezifischen Akteure hinausgehen, welche das Fehlverhalten direkt begangen haben», schrieb die Behörde im April 2024 im Zusammenhang mit einer Verschärfung ihrer Regel für die Vergabe von Ausnahmegenehmigungen.

Eine Ablehnung wäre für die UBS katastrophal

Eine Ablehnung wäre für die UBS katastrophal. Wann mit einer Entscheidung zu rechnen sei, könne man derzeit nicht sagen, teilte das US-Arbeitsministerium auf Anfrage der Zeitung mit. Nach Ansicht des Aktivisten Henry wäre es eine «begrüssenswerte Zäsur», wenn die UBS ihre Zulassung verlöre. «Kriminelle Banken sollten keine Geschäfte mehr machen dürfen», fordert er. Ziel sei es nicht, europäische Banken vom US-Markt auszuschließen, sondern ein Signal an die Branche zu senden. Auch US-Banken müssten sich an die Regeln halten.

Das Gesuch der UBS um Verlängerung der Ausnahmebewilligung umfasst 500 Seiten. Die Aktivisten konnten den Antrag über das amerikanische Öffentlichkeitsrecht («Freedom of Information Request») einsehen. «Die UBS hat in ihrem Antrag an das US-Arbeitsministerium mehrere Fehler gemacht», sagt Paul Morjanoff, ebenfalls Mitglied der Aktivistengruppe. Erstens habe sie keine vollständige Liste ihrer kriminellen Aktivitäten vorgelegt. Zweitens habe die UBS weiterhin Transaktionen für Pensionsfonds abgewickelt, obwohl die Ausnahmeregelung am 12. Juni 2024 ausläuft. Die UBS wollte den Fall nicht kommentieren.

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