CS-Aktionärsklage
CS-Sammelkläger haben vor Handelsgericht einen Etappensieg errungen. Sie dürfen ein neues «unabhängiges» Gutachten einbringen, das den Unternehmenswert der Bank ermitteln soll. Erstellt wird es von einem KPMG-Professor und dem früheren KPMG-Präsidenten.
24. Juni 2025 • Beat Schmid

Das Lausanner Justiz-Start-up LegalPass hat vor dem Zürcher Handelsgericht einen Etappensieg errungen. In ihrem Kampf für eine «angemessene Entschädigung» der früheren CS-Aktionäre darf das Unternehmen beim Gericht ein eigenes Gutachten einbringen. Dieses soll den Wert der Bank zum Zeitpunkt der Fusion am 19. März 2023 ermitteln.

Erstellt wird das Gutachten von Roger Neininger, ehemaliger Partner, CEO und Verwaltungsratspräsident von KPMG Schweiz, und von Peter Leibfried, Professor für Audit und Accounting an der Universität St. Gallen, der ebenfalls eine Nähe zu KPMG hat. Sein Lehrstuhl wird seit 2005 von KPMG finanziell unterstützt, wie auf der Website nachzulesen ist. Dort heisst es ebenfalls, dass die Interessensschwerpunkte des Bereichs auf den Gebieten Rechnungslegung nach IFRS und Swiss GAAP FER liegen. Die Credit Suisse nutzte mehrheitlich den Standard US GAAP.

Roger Neininger kam vor ein paar Jahren in Zusammenhang mit seinem Mandat beim Weltfussballverband Fifa in die Schlagzeilen. Als damaliger Verwaltungsratspräsident von KPMG Schweiz geriet er intern wegen seiner Testate der Fifa-Finanzberichte unter Druck. Der Prüfkonzern musste auf Drängen seiner internationalen Kollegen eine interne Untersuchung von Neiningers Revisionstätigkeit beim Fussballverband einleiten, wie die «Bilanz» 2016 schrieb.

Zweites Gutachten für LegalPass

Die beiden treten mit ihrem Gutachten gegen jenes von Thomas Vettiger an, Mitbegründer der Beratungsfirma IFBC und Lehrbeauftragter an der Universität Zürich. Die Anwälte der UBS stützen sich auf dieses Gutachten. Aus ihrer Sicht wäre jeder Preis über null angemessen gewesen. Es hätte also auch ein symbolischer Franken für die CS sein können, hielten sie fest. Die CS-Aktien hätten zum Zeitpunkt der Fusion keinen Wert mehr gehabt, weil die Bank ohnehin in Konkurs gegangen wäre. Dass CS-Aktionäre das Umtauschverhältnis anfechten, sei «rechtlich haltlos». Die UBS zahlte damals 76 Rappen pro CS-Anteilschein.

Für LegalPass ist das neue Gutachten bereits das zweite. Letztes Jahr liess es eines von der Beratungsfirma IVA Valuation & Advisory AG mit Sitz in Frankfurt erstellen. Je nach Methode kam die deutsche Beratungsfirma auf eine Bewertung zwischen 3.67 und 9.26 Franken. Also 5 bis 12 Mal mehr als der von der UBS gebotene Preis. Dies entspräche einem Unternehmenswert von 15 bis 36 Milliarden Franken. Zur Erinnerung: Am Freitagabend vor der Zwangsfusion lag der Kurs der CS-Aktie bei 1.86 Franken. Für ihre Schätzung mussten sich die Berater auf öffentlich zugängliche Informationen stützen.

Für die neuen Gutachter ist die Ausgangslage anders. Das Handelsgericht hat fünf Anträgen von LegalPass auf Beweisaufnahme stattgegeben und die UBS angewiesen, bisher vertrauliche Dokumente vorzulegen. Zu diesen Dokumenten gehören insbesondere «alle Bewertungen der Credit Suisse Group AG, die seit dem 1. Oktober 2022 von der UBS oder der Credit Suisse intern oder extern vorgenommen wurden».

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