Sie heissen CoreCivic und GEO Group. Sie sind die grössten privaten Betreiber von Gefängnissen in den USA. Sie haben Verträge mit dem US-Heimatschutzministerium, das unter anderem für die Einwanderungs- und Zollbehörden zuständig ist. Deshalb sitzen in den Haftanstalten auch Menschen, die illegal über die Grenze in die USA gekommen sind.
«Im Laufe der Jahre gab es zahlreiche Berichte über Gewalt und Missbrauch durch CoreCivic und die GEO Group gegenüber Migranten und anderen Personen, die sie inhaftierten oder transportierten», heisst es in einer Beschwerde von drei NGOs. BankTrack aus den Niederlanden und die beiden US-Organisationen Coalition for Immigrant Freedom und Worth Rises haben beim sogenannten nationalen Kontaktpunkt der Schweiz für verantwortungsvolles Handeln eine Klage eingereicht. Der nationale Kontaktpunkt ist beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) angesiedelt.
Im Visier haben die Organisationen die Schweizerische Nationalbank (SNB) und die Grossbank UBS, die mit Aktien der beiden börsenkotierten Gefängnisbetreiber gehandelt haben. Parallel dazu wurden auch die beiden britischen Banken Barclays und HSBC bei den entsprechenden Stellen in Grossbritannien verklagt. Den Instituten wird vorgeworfen, die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen verletzt zu haben. Diese enthalten Empfehlungen der Regierungen an Grossunternehmen mit dem Ziel, «den positiven Beitrag zu fördern, den Unternehmen zum wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Fortschritt leisten können». Die Leitsätze wurden vor einem Jahr verschärft.
Investments in Millionenhöhe
Die UBS und die SNB hielten zum Zeitpunkt der Verschärfung im Juni 2023 «jeweils bedeutende Anteile» an den beiden Gefängnisbetreibern. Wie aus einer Aufstellung hervorgeht, war die Nationalbank mit jeweils 0,2 Prozent an den Unternehmen beteiligt. Die Beteiligungen hatten im Juni 2023 einen Wert von 2,7 und 2 Millionen Dollar. Bei der UBS beliefen sich die Investitionen auf 13,7 Millionen Dollar. Darin enthalten sind auch Anteile, die ursprünglich von der CS stammten.
In der Klage wird den Verantwortlichen der Bank vorgeworfen, den OECD-Grundsatz verletzt zu haben, bei ihren Investitionstätigkeiten eine angemessene menschenrechtliche Sorgfalt walten zu lassen. Sie hätten es versäumt, nach Möglichkeiten zu suchen, um negative Auswirkungen auf die Menschenrechte zu verhindern oder zu mildern. Unter anderem sollen inhaftierte Asylsuchende in den Haftzentren unter Androhung von Isolationshaft und Entzug von Wasser und Nahrung zur Zwangsarbeit genötigt worden sein.
Das SECO nimmt Stellung
Das SECO wird voraussichtlich im Laufe des Tages seine Stellungnahme zu der Beschwerde auf seiner Website veröffentlichen. Die NGOs erachten diesen Fall als besonders wichtig, da er ihrer Meinung nach einen Präzedenzfall schaffen könnte, wie die OECD-Leitsätze auf die Verantwortung von Banken angewendet werden, insbesondere wenn es um passive Investitionen geht.
Der letzte Punkt ist in der Tat interessant. Meistens argumentieren Vermögensverwalter und Banken, dass sie die Aktien im Auftrag ihrer Kunden gekauft oder gehalten hätten, es also nicht ihre Entscheidung gewesen sei, ein finanzielles Engagement einzugehen.
Im Rahmen der Klage haben die NGOs auch die betroffenen Banken um eine Stellungnahme gebeten. Der Rechtschef der SNB erklärte, dass man grundsätzlich keine Auskunft über einzelne Anlagen gebe. Darüber hinaus teilte er mit, dass die SNB mit ihrer Anlagepolitik zwei Hauptziele verfolge, nämlich die Erhaltung des Wertes der Währungsreserven und die Sicherstellung, dass ihre Bilanz jederzeit für die Geldpolitik eingesetzt werden könne.
Ein Vertreter der UBS erklärte, dass die Investitionen häufig im Auftrag von Kunden getätigt würden. Die Bank führe mit den Unternehmen, in die sie investiere, einen Dialog, wenn sich Risiken abzeichneten, zudem arbeite die UBS mit Anbietern von Nachhaltigkeitsindizes und Brancheninitiativen zur Förderung der Menschenrechte zusammen. Wie aus der Klage hervorgeht, hat die UBS den NGOs keine Details oder Belege zur Verfügung gestellt, die ein solches Engagement belegen würden. Diese würden «vertraulich behandelt», «aggregierte Statistiken und Fallstudien» würden im jährlichen Stewardship-Bericht der Bank beschrieben.
Am Mittwoch hat der Nationalen Kontaktpunkt der Schweiz (NKS) für verantwortungsvolles Handeln zur Beschwerde der drei NGOs Stellung genommen. Darin heisst es, die in der Eingabe aufgeworfenen Fragen seien «materiell und begründet» in dem Sinne, dass sie auf der Grundlage der vorgelegten Informationen «plausibel» sind und sich auf die Anwendung der OECD-Leitsätze beziehen. Die Stellungnahme bezieht sich nur auf die UBS. Die Beschwerde der SNB wird separat behandelt.
Die NKS ist der Ansicht, dass sie durch die Annahme dieses konkreten Falles und das Anbieten ihrer guten Dienste den Parteien helfen kann, ein besseres gemeinsames Verständnis der in der Eingabe aufgeworfenen Fragen zu erreichen.
Der Entscheid beruhe nicht auf einer abschliessenden Untersuchung oder Tatsachenfeststellung und stelle auch keine Schlussfolgerung dar, ob die UBS die OECD-Leitsätze eingehalten habe oder nicht. Eine Sprecherin der Grossbank schreibt in einer Stellungnahme: "UBS nimmt die Beurteilung zur Kenntnis und wird die Einladung des Schweizer NKP zur Einleitung eines Mediationsverfahrens sorgfältig prüfen.
Aus dem NKS-Entscheid geht nicht hervor, wie die UBS in die Gefängnisfirmen investiert hat. Es ist anzunehmen, dass die Bank über Indexfonds investiert hat. So heisst es in der Entscheidung, die Bank habe «begrenzten Einfluss» auf die illegalen Praktiken der Mitglieder eines passiven Fonds. UBS habe keine Entscheidungsgewalt darüber, welche Unternehmen in den Fonds aufgenommen werden und welche nicht. UBS sei nicht der Indexanbieter für die nachgebildeten Indizes und habe daher kein Mitspracherecht, ob Unternehmen in die Indizes aufgenommen werden oder nicht.