WEF 2025
Der Harvard-Ökonom und Clinton-Finanzminister Larry Summers sieht Parallelen zu den überschwänglichen Zeiten vor der Finanzkrise und den 1920er Jahren.
23. Januar 2025 • Beat Schmid

Die zweite Präsidentschaft von Donald Trump beflügelt die Märkte. Deregulierung und Steuersenkungen verleiten zu optimistischen Geschäftsprognosen. Banken erwarten nach Jahren der Stagnation eine deutliche Zunahme von Börsengängen und Fusionen. Larry Summers, Harvard-Ökonom, Ex-Finanzminister unter Bill Clinton und Stammgast beim WEF in Davos, sieht die Entwicklung mit grosser Skepsis.

Grundsätzlich sei es besser, in einem Land zu leben, in das Kapital fliesse, als in einem, aus dem Kapital abfliesse. «Ich denke, dass die Biden-Regierung bei der Regulierung fossiler Energien, in Kartellfragen und bei der Finanzaufsicht etwas zu streng vorgegangen ist. Daher halte ich es für angemessen, dass das Pendel ein wenig in die andere Richtung ausschlägt», sagt Summers in einem Interview mit dem Handelsblatt.

Die Wirtschaft sei zwar solide, aber das sei in den 1920er Jahren auch so gewesen. «Und auch damals haben sich Exzesse auf den Kapitalmärkten entwickelt, die schliesslich Ende der 1920er-Jahre zum grossen Crash führten. Daher bin ich besorgt über die Gelassenheit, mit der wir die aktuellen Asset-Preise in den USA betrachten.»

Laut Summers beruht ein Teil der hohen Bewertungen auf dem Vertrauen, dass «das Gesetz eingehalten und der Shareholder Value maximiert wird». Und da er derzeit einen eher «transaktionsorientierten Ansatz» der Regierung gegenüber Unternehmen sehe, werfe dies Fragen nach der Rechtsstaatlichkeit auf. Das wiederum könne zu neuer Unsicherheit für Unternehmen führen, so der Harvard-Professor.

Keine Überraschung, wenn die gute Stimmung noch etwas anhalten würde

Sorgen bereitet Summers die steigende Verschuldung der USA. Das Land stehe wahrscheinlich vor dem grössten Problem der «fiskalischen Tragfähigkeit» in seiner Geschichte, sicher aber seit dem Bürgerkrieg. Ein weiterer Anstieg der Staatsverschuldung, von dem er ausgeht, hätte weitreichende Folgen: Mehr Schulden könnten den Druck auf Zinsen, Kapitalkosten und Investitionen erhöhen. «In einer Welt, in der man fünf Prozent auf US-Staatsanleihen erhält, kann es für viele andere Arten von Projekten schwieriger sein, die nötige Finanzierung zu bekommen.»

Mit dem Einzug von Donald Trump ins Weisse Haus könne er die Freude in der Geschäftswelt nachvollziehen. Er mache sich aber Sorgen, dass es wie die Freude sein könnte, die er 2007 in Davos beobachtet habe. Die grösste Gefahr, die uns droht, ist die Angstlosigkeit selbst. Es sei allgemein bekannt, so Summers, dass es extrem schwierig sei, den richtigen Zeitpunkt für den Einstieg zu finden. «Wenn die derzeitige gute Stimmung noch etwas anhalten würde, wäre das für mich keine Überraschung. Ich glaube nicht, dass Ökonomen wissen, wann diese Dinge enden werden.»