Es ist ein Entscheid mit Signalwirkung. Wie Recherchen ergeben haben, sieht die Eidgenössische Wettbewerbskommission (Weko) keine wettbewerbsrechtlichen Probleme, wenn sich Banken im Bereich Sustainable Finance freiwillig verbindlichen Regeln unterwerfen. Konkret hatte die Weko zu beurteilen, ob die «Richtlinien für die Finanzdienstleister zum Einbezug von ESG-Präferenzen und ESG-Risiken bei der Anlageberatung und Vermögensverwaltung» sowie der «Richtlinien für Anbieter von Hypotheken zur Förderung der Energieeffizienz» mit dem Kartellgesetz vereinbar sind.
Diese Richtlinien wurden von der Schweizerischen Bankiervereinigung auf Anfang 2023 als Selbstregulierung eingeführt. Sie sind für alle 270 Mitgliedsbanken der Branchenorganisation verbindlich. Besonders umstritten war die Selbstregulierung im Bereich der Kreditvergabe. Ziel der Richtlinie sei es, «einen Beitrag zur Nachhaltigkeit im Sinne der Leitlinien des Bundesrates zu leisten», heisst es in der Präambel der Richtlinie zur Förderung der Energieeffizienz.
Die Banken sind aufgefordert, ihre Hypothekarkunden auf die Energieeffizienz ihrer Immobilie «aufmerksam» zu machen und sie dabei zu «unterstützen», die Energieeffizienz ihrer Immobilie zu «erhöhen» und dadurch den «schweizerischen Finanzplatz im In- und Ausland weiter zu stärken». Die Banken sollen Konditionen so gestalten, dass sich «Finanzierungen von nachhaltigen Immobilien von solchen mit nicht nachhaltigen Eigenschaften unterscheiden». Wer sein Haus saniert, soll von niedrigeren Zinsen profitieren. Zudem sollen die Banken «Informationen über die Klimaeffizienz von Gebäuden» ermitteln und sammeln.
Hans-Ulrich Bigler befürchtete eine Wettbewerbseinschränkung
Für den Gewerbeverband war das zu viel. Hans-Ulrich Bigler, der frühere Verbandsdirektor, wetterte in der «NZZ am Sonntag»: «Die Hauseigentümer werden gezwungen, die Nachhaltigkeitsvorstellungen der Banken umzusetzen und tragen die finanziellen Konsequenzen», sagte er. Er befürchtete, dass Hausbesitzer plötzlich ihre Heizung austauschen und energetisch sanieren müssten.
Diese Bestimmungen hätten keine gesetzliche Grundlage, würden den Hypothekarmarkt einschränken und die Zinsen erhöhen, war Bigler überzeugt. Damit würden die Richtlinien in die «Kategorie der Absprachen» fallen. Ökonomisch seien die Richtlinien dazu geeignet, «die Margen der Banken durch ihre Absprache auf Kosten der Gebäudeeigentümer zu erhöhen». Dies sei «reine Kaufkraftabschöpfung und damit missbräuchlich».
Unterstützung erhielt Bigler vom Hauseigentümerverband, der zusammen mit dem Gewerbeverband eine Anzeige bei der Weko einreichte. Auch die Bankiervereinigung wandte sich nach Aufkommen der Kritik an die Kommission und ersuchte um eine Klärung des Sachverhalts.
Das war vor einem Jahr. Nun hat die Weko dazu Stellung genommen. Die Parteien sind dieser Tage in einem Brief informiert worden. Die Behörde kommt zum Schluss, dass es bereits an einer Wettbewerbsabrede im Sinne des Kartellgesetzes fehlen dürfte, da nicht von einer Wettbewerbsbeschränkung auszugehen ist. Selbst wenn eine Wettbewerbsabrede vorliegen sollte, dürfte es sich nicht um eine unzulässige Wettbewerbsabrede im Sinne des Kartellgesetzes handeln, da nicht davon auszugehen ist, dass die Wettbewerbsabrede zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs führt.
Die Weko wollte zu ihrem Entscheid auf Anfrage nicht weiter Stellung nehmen.